Kriminalroman

Gianrico Carofiglio, In freiem Fall

andreas.markt-huter - 25.05.2007

Buch-CoverNiemand hört wirklich zu rauchen auf. – Mit diesem Satz ist das ganze Konzept dieser Welt erklärt, wir alle sind irgendwo abhängig und kommen niemals los davon.

Avvocato Guido Guerrieri wird mit diesem ersten Satz sofort sympathisch. Da probiert also wieder einmal jemand, von seiner Sucht los zu kommen, aber es wird ihm nicht gelingen.

Jürgen Benvenuti, Big Deal

andreas.markt-huter - 11.04.2007

Buch-CoverAuch in der Krimiwelt gibt es längst globalisierte Verhältnisse. Da brechen im Drogenparadies Kolumbien unter Bossen Zoff und Verrat aus, und der alte Kontinent Europa muss einspringen, um Kronzeugen und Verrätern Unterschlupf zu gewähren.

Die Organisation DEA hat nichts mit Digitalisierung von Texten zu tun, sie ist die amerikanische Drogenbekämpfungsbehörde, welche mit allen rechten und unrechten Mitteln einen so genannten sauberen Kampf gegen das Böse führt.

Ilse Irmtraud Scherr, Mord auf Long Island

andreas.markt-huter - 15.03.2007

Buch-CoverDie tapsigste Figur in diesem possenhaften Provinzkrimi aus dem Kärntner Lavanttal ist sicher die lokale Dorfnudel Augusta Jerome, die als Autorin von Dorfgeschichten alles ins lächerliche Lot rückt.

So kommentiert sie auch die Geschehnisse des Krimis in Echtzeit und führt dem Leser durch ihr Geschreibsel vor Augen, dass alles noch blöder und trivialer sein könnte, wenn es nicht an Ort und Stelle durch die Heimatkunst aufgebrochen, ironisiert und damit erledigt würde.

Werner J. Egli , Without A Horse

andreas.markt-huter - 12.03.2007

Buch-CoverVielleicht ist Amerika bloß ein Stück gesellschaftlicher Steppe und der Sinn des Lebens besteht darin, mit Pferden gut auszukommen und zu überleben.

Eine Frau tritt breitbeinig wie in einem Western auf, mitten in der Wüste liegt ein kleiner Ort, der bloß aus einer Ampel besteht, deren Lichtherz verlässlich schlägt. Von dieser Szene ausgehend tut sich bald einmal der Roman nach vorne und nach hinten auf.

Peter Pessl, Der Brief mit der Aufschrift

andreas.markt-huter - 16.01.2007

Buch-CoverFehlende Dinge deuten oft auf etwas Kriminelles hin. So kann eine unvollständige Anschrift letztlich genau so zu einem Täter führen wie die Bezeichnung Kriminal, von der offensichtlich ein Teil fehlt. Ist es ein Kriminalroman, ein Kriminalbeamter, eine Kriminalgroteske?

Peter Pessl lässt in seinem Kriminal-Buch so gut wie alles offen. Die Sätze werden nur angedeutet, Szenen erscheinen im Halbschatten, der zweite Teil eines Dialogs fehlt fast immer, ständig werden Situationen aufgerissen und offen gelassen.

Franz Kabelka, Letzte Herberge

andreas.markt-huter - 10.01.2007

Buch-CoverKein Milieu ist vor Kriminalität sicher, das macht den Beruf eines Kommissars so aufregend, er gerät nämlich mit jedem Fall in ein spezielles Milieu.

Für Tone Hagen, der seit seiner Rückkehr ins Ländle stets angefressen und widerwillig ermittelt, ist wahrscheinlich ganz Vorarlberg ein undurchsichtiges Milieu.

Michael Stavaric, stillborn

andreas.markt-huter - 17.12.2006

Buch-Cover"Stillborn" heißt so viel wie Totgeburt oder tot geboren. Beide Bedeutungen können als Lebensmotto von Elisa angesehen werden, sobald sie über sich nachzudenken anfängt, steigt aus der Kindheit jene Leere auf, die man stillborn nennt.

Dabei ist Elisa im Alltagsleben äußerst erfolgreich, sie handelt nämlich mit Flächen, Wohnflächen, Nutzflächen, Freizeitflächen, und das Wort, das regelmäßig einen Orgasmus auf der Zunge auslöst, heißt Quadratmeter. Elisa ist nämlich Maklerin und hat diesen quadratischen Blick, der aus jeder Wahrnehmung den entsprechenden Nutzen abliest. In der Maklerei ist eine Tirolerin angestellt, die überhaupt Klara Quadrat heißt, so nützlich ist sie, bei ihr ist nämlich die Tiroler Kindheit zu einem einzigen Reservoir an Nützlichkeit ausgebaut.

Martin Kolozs, Mon amie

andreas.markt-huter - 13.11.2006

Buch-CoverWas der Schäferroman für das Barock ist, ist der Kriminalroman für die Gegenwart. In beiden Fällen soll nach vorgegebenen Erzählritualen atemlose Spannung zeitgemäß aus den Seiten knistern.

Für jeden Autor stellt die erzählte Kriminalkunst die höchste Herausforderung dar. Der junge Schriftsteller Martin Kolozs hat sich zum Eintritt in seine aktive Erzähllaufbahn gleich auf zwei Kriminalerzählungen gestürzt und auf allen Linien gewonnen.

Manfred Wieninger, Kalte Monde

h.schoenauer - 24.09.2006

Buch-CoverDie Steigerung von Provinz ist österreichische Provinz. Harland ist ein diffuses urbanoides Nest, über dem sogar die Monde erkalten, während sie auf das irdische Desaster glotzen. Marek Miert schlägt sich als derangierter Privatdetektiv durch, manchmal wird er wegen seiner Diskontpreise zu einem Auftrag geholt.

Das soziale Gefüge ist sehr streng am flachen Land, der heruntergekommene Detektiv muss seine Auftraggeber in deren Büros aufsuchen, weil er selbst sich keine Kanzlei leisten kann. Der ekligste Name, den man sich denken kann ist Heider. Marek Miert kotzt beinahe, als ihn die Visitenkarte erreicht: Horst Heider, Parlamentarischer Mitarbeiter.

Lina Hofstädter, Bergiselschlachten

h.schoenauer - 30.11.2005

Buch-CoverAh, was für ein Titel! Nicht bloß eine Schlacht wird in diesem Krimi geschlagen, sondern wie in der Geschichte des Tiroler Freiheitskampfes ein ganzes Bündel!

Eine groß angelegte Schlachtenorgie verbaler und physischer Art bildet den Hintergrund für diesen Lokalthriller gigantischen Ausmaßes, und nicht alle Gefechte gehen für die Beteiligten gut aus. Man denke nur an die klassische Vierte Bergiselschlacht, in der die Tiroler ordentlich Dresch bekommen haben und die sie in der Folge aus ihren Gedächtnissen verbannt haben.