Lyrik

Martin Kolozs, Mein Herz schlägt für dich mich ko

andreas.markt-huter - 11.04.2007

Während sich Münchhausen angeblich mit dem eigenen Zopf aus dem Sumpf gezogen hat, zieht sich in Martin Kolozs Gedichtband das lyrische Ich mit dem Liebeszopf in den Sumpf der Gefühle hinein.

Schon der Titel, der im Bandinneren auch als aphoristisches Einzelgedicht ausgeführt ist, zeigt diese dramatische Verbindung zwischen dem Alles oder Nichts, der Gewöhnlichkeit und der Ungeheuerlichkeit, der physiologischen Normalfrequenz und dem Desaster.

Gerhard Ruiss / Oswald von Wolkenstein, Und wenn ich nun noch länger schwieg'

andreas.markt-huter - 10.04.2007

Buch-CoverDen Sinn des gesamten literarischen Universums in einen einzigen Zweizeiler zu bringen, ist wahrscheinlich die größte Kunst, die einem Dichter gelingen kann. Bei Oswald von Wolkenstein heißt die Zusammenfassung ziemlich einprägsam: „Und wenn ich nun noch länger schwieg’ / wär’s dass ich bald vergessen blieb.“ (146)

Der große Tiroler Abenteurer und Altmeister der Literatur kommt nach sechshundert Jahren auf den Prüfstand des Lyrikers, Sängers und Literaturabenteurers Gerhard Ruiss. Dieser spannt das Original ganz behutsam ein, dreht und wendet es, bringt es zum Klingen und zur vollsten Überraschung für den Leser entsteht eine federnde, anschmiegsame Lyrik, wie sie frischer und wilder nicht sein könnte.

Aurelia Seidl-Todt, Nachtöne

andreas.markt-huter - 19.03.2007

Die ersten Nachtöne beginnen zu schwingen, wenn man diesen Lyrikband wie im Daumenkino rasch durch die Finger flirren lässt. Es bleibt der Eindruck von Harmonie, die Texte sind in gesunden Portionen abgedreht, alle Gedichte haben einen kurzen Titel, so dass man fast von lyrischen Wikipedia-Einträgen zu angenehm Begriffen sprechen kann.

Die lyrischen Ausfugungen ziehen sich durch den Jahreslauf, markieren biographische Wartepunkte oder federn harte Gedankengänge in kurzen Stößen auf ein eindringliches Bild zusammen. Aurelia Seidl-Todt hat ihre über hundert Gedichte aufgefädelt nach den Kapiteln: Nachtöne - Übers Jahr – Aussichten.

Christoph W. Bauer (Hrsg.), Ahoi

andreas.markt-huter - 06.03.2007

Buch-CoverIn manchen Gegenden des Gebirgslandes Tirol gilt der Seemannsgruß „Ahoi“ als Seufzer der Anerkennung und des fröhlichen Hoppalas. Wenn sich zwei Gebirgler unerwartet treffen, fassen sie ihre lyrischen Spontaneindrücke von der Welt durchaus mit der Fügung „oha“ oder „ahoi“ zusammen.

Christoph W. Bauer erzählt im Vorwort zur Geburtstagsgabe des Haymon Verlags, wie er einst vor einem Lyrikregal gestanden ist und ihn das Gefühl von Meer, Schiff und Welle umspült hat, ein typisches Ahoi-Erlebnis also.

Bosko Tomasevic, Gesänge an Innsbruck

andreas.markt-huter - 15.02.2007

Buch-CoverEine Stadt, die üblicherweise als purer Verkehrsknoten, Flughafen oder schizophrenes Sozialgewebe zwischen Sport, Kultur und Universität wahrgenommen wird, mit "Gesängen" zu behängen, ist ein nicht alltäglicher Vorgang.

Bosko Tomasevic wollte, wie er im Nachwort schreibt, als ein Mensch aus der Ebene kommend den Bergen huldigen, sein kulturelles Bewusstsein aus Serbien mit den Empfindungen der Gegenwart in Innsbruck in einander spiegeln und dem Zeitstrom zwischen historischen Porträts, Denkmälern und Institutionen freien Lauf gewähren.

Aschenwald/Kraxner/Strauß, Female Lyrics

andreas.markt-huter - 02.02.2007

Buch-CoverMeistens entsteht Literatur, weil eine Autorin oder ein Autor eine Lücke zwischen Realität und Vorstellungskraft sieht, und diese dann mit Text auskittet. Und dann gibt es noch die bestellte Literatur, wenn jemand aus Feierlichkeit, wegen eines Jubiläums oder einfach wegen einer statistischen Unausgewogenheit eine Literatur bestellt.

Die Tiroler Literaturzeitschrift Cognac & Biskotten hat eines Tages mit Entsetzen festgestellt, dass es zu wenig weibliche Literatur gibt, und daher den Wettbewerb „female lyrics“ ausgerufen. Völlig spontan sind daraufhin drei Autorinnen in drei Tiroler Dörfer gefahren und haben sich dort den weiblichen Teil der Welt angesehen und aufgeschrieben.

Gerhard Kofler, Ausgewählte Gedichte

andreas.markt-huter - 17.01.2007

Buch-CoverWenn es so etwas wie eine Identität stiftende Hymne für Südtirol gibt, dann ist es vielleicht der Lyriker Gerhard Kofler als Leben und Werk. Früh ausgewandert ist er ein Weltdichter geworden, in vielen Sprachen zu Hause, und dennoch beinahe unsichtbar, denn seine Gedichte stecken meistens zwischen den Sprachen.

Viele seiner Gedichte sind wie eine ausgeklappte Folie auf Italienisch und Deutsch erschienen, erst im hin und her schweifen zwischen den Texten entsteht das eigentliche Gedicht.

Edin Prnjavorac und Veronika Nitsche (Hrsg.), Südostwind

andreas.markt-huter - 17.01.2007

Buch-CoverIch traf gestern einen Käfer / Er sprach kein Deutsch / und beschwerte sich über Kreuzschmerzen / in einer Sprache, / die ich nur deshalb verstand, / weil es um Schmerzen ging. Die Strophe aus Goran Novakovics Gedicht Die Sprache (S.34)stößt einen unmittelbar, wie mit einem kurzen Knüppel in die Welt der Migration hinein.

In knapp 100 lyrischen Texten zeichnen 38 Autorinnen und Autoren, die als MigrantInnen in Österreich leben, wehmütige Bilder von Sehnsucht, Heimweh, Überlebensängsten und vom Leben in der Fremde. Ihre Gedichte und lyrischen Texte sind Erinnerungen an die Vergangenheit aber auch ein Ausdruck von Hoffnung und nach dem Wunsch nach Friede und Freiheit.

Uwe Ladstädter (Hrsg.), Da und dort

andreas.markt-huter - 16.01.2007

Buch-Cover"Osttirol. Das könnte die DDR Tirols sein, aber das ist es nicht." – Da und dort handelt von Osttirol, wie es in der Welt liegt, wie die Bewohner immer frecher werden und Selbstbewusstsein entwickeln, wie es sich überall auf der Welt eine tolle Heimat entwickeln lässt, wenn man genug Humor dafür mitbringt, und wie da und dort prächtige Literatur entsteht, wenn man sie aufkommen lässt.

Zusammengehalten wird dieses literarische Selbstbewusstsein durch die Lienzer Wandzeitung. In ihr werden nicht nur monatlich neue Texte vorgestellt, alle zwei Jahre schreibt deren Redaktion auch den Christoph-Zanon-Preis aus, benannt nach dem jung verstorbenen Osttiroler Schriftsteller Christoph Zanon.

Iain Galbraith (Hrsg.), Intime Weiten

andreas.markt-huter - 11.01.2007

Buch-CoverObwohl Schottland ein weltbekanntes Land ist, und sei es nur wegen der kriminell guten Nebelbänke und des perfekten Whiskys, kennt fast niemand schottische Literatur. Und schon gar nicht schottische Gedichte.

Der folio-Verlag, der mit seiner Serie ‚Transfer’ entlegene Literaturen und vom literarischen Alltag abgeschottete Autoren pflegt, widmet sich mit südtirolerischem Augenzwinkern der schottischen Lyrik, immerhin setzt sich auch die schottische Literatur ähnlich der südtirolerischen aus drei Komponenten zusammen: Englisch – Gälisch –Schottisch.