Stanislav Struhar, Die Verlassenen
Wenn ein Autor einmal seine Erzählmelodie gefunden hat, braucht er nur zwei drei Fügungen anklingen zu lassen, und schon geht es für den Leser in voller Stimmung weiter, wo er vielleicht im letzten Sommer aufgehört hat.
Stanislav Struhar schickt seine Helden, die er dieses Mal „Die Verlassenen“ nennt, wieder auf die Hügel rund um das Sprachengemisch von Ventimiglia. Im Grenzgebiet zwischen Italien und Frankreich ist jeder irgendwie heimisch, egal welche Sprache er spricht.
Kaum ein Begriff bedroht die Menschen so sehr wie eine Grenze. Ob im physischen Abwehrkampf gegen einen Maschenzaun oder in der psychischen Faszination eines Grenzgängers, immer reizt es die Menschen, diese Grenzen zu überschreiten.
Ein Dilettant hat für die Umstehenden immer etwas Komisches an sich, während er selbst im Innern vor Tragik zerbirst. Je höher das Thema, das von einem Dilettanten bestritten wird, desto witziger fällt das Scheitern aus.
Hätte er sich 1972 nicht umgebracht, hätte er 2022 eines natürlichen Todes sterben können.
Diese weiße Masse, die ständig in der Luft die Richtung wechselt, in alle Ritzen dringt und im Wind die unmöglichsten Skulpturen aufhäuft, ist auch für Psychologen ein metaphorisch höchst aufgeladener Stoff.
Seit Kafka wissen wir, ein echtes Gerichtsverfahren dauert ein Leben lang und endet in einem Steinbruch oder als offene Ratlosigkeit.
Wenn ein historischer Roman wahrhaftig angelegt ist, hält sich sogar die künftige Geschichte daran, aus einer Aufarbeitung der Geschichte wird eine Gebrauchsanweisung für die Zukunft.
Wie liest ein Nichtraucher einen Raucher-Roman? – Schnell, damit er keine braunen Finger kriegt. Und wie soll ein Zuckerbergverweigerer einen facebook-Roman lesen?
Eine halbwegs sensible Seele vermag durchaus aus der eigenen Familie eine Universalgeschichte herauszulesen. In großen Cinemascope-Träumen geht dann die Geschichte Europas in eine Familiengeschichte über.
Überqualifiziert ist in der Arbeitswelt eine elegante Umschreibung für Kotzen. Wenn jemand keinen Zugang zur Arbeit findet, beschreibt man ihn beschönigend als überqualifiziert, damit er nicht gleich alles hinschmeißt, sondern sinnlos weitersucht.