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Die Logik in der Literatur ist eine andere als jene in der Forensik, Psychiatrie oder Pädagogik. Um dem Phänomen Schulmassaker ein wenig auf die Spur zu kommen, hat deshalb Frieda Norka die Form der fiktiven Dokumentation gewählt.

Was im lateinamerikanischen Raum literarisch durchaus üblich ist, stellt in unserer Lesekultur nach wie vor eine Besonderheit dar, weshalb man sich die drei Schritte der vorliegenden Dokumentation vor der Lektüre vergegenwärtigen sollte.

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Jedes Land hat an der Oberfläche eine Geschichte voller Kriege, Konflikte, Machtspiele und sozialer Tragödien, im Landesinnern unter der Haut sitzt freilich immer ein Mythos, zeitlos und voller Wahrheit.

Hans Haid hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen unter- und überirdischen Mythos des Gebirges zu erzählen. In seinem archaischen Roman ?die Landgeherin schickt er eine Salige, eine Heilige oder eine Heroische über das Land. Sie grast alle wundersamen Stellen ab, an denen sich etwas Spirituelles oder Unerklärbares zugetragen hat. So ist diese Landgeherin auf den ersten Blick eine Wallfahrerin, die von einer Kultstätte zur nächsten pilgert.

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Üblicherweise sollen Kinderspiele ohne Verletzungen abgehen, und wenn sich dann doch jemand die Nase anhaut, rufen die restlichen Kinder meist: Du blutest du blutest!

Michaela Falkner schickt in ihrem "blutigen Roman" eine Schar Kinder in die Revolution. Zwar haben sie alle pädagogisch wertvolle Sätze ausgelöffelt, dennoch aber kriegen diese Kinder mit, dass es eine andere Sprache gibt, jene des Krieges und der Gewalt. So werden Ereignisse oft mit der falschen Sprache beschrieben, als ob man sich in der Zeitung am Thema vorbeigeblättert hätte und mit der Rhetorik von Wellness den Gerichtsreport lesen müsste.

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Mittlerweile hat das Genre Krimi die Literatur bereits dermaßen im Putsch übernommen, dass kaum noch jemand daran denkt, dass es jenseits des Krimis auch noch spannende Literatur geben könnte.

Unter dem Titel Sarahs Mörder erwartet man sich einen mehr oder weniger blutigen Krimi, zumal ja im Nobelviertel Neapels gleich zu Beginn die tote Sarah zu liegen kommt. Aber bei Andrej Longo geht es um etwas ganz anderes. Wie kann man den Dschungel Neapel aushalten, wie diese Hitze, wie dieses soziale Dickicht, in dem sich jeder Außenstehende im besten Falle blutige Finger holt?

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Über den griechischen Wein gibt es seit Erhart Kästner den schönen literarischen Witz, dass er sich, klug wie er ist, nicht transportieren lässt. Etwas Ähnliches scheint auf manche national-Literaturen zuzutreffen.

So ist beispielsweise die ukrainische Literatur wild und anarchistisch, solange sie im eigenen Land geschrieben wird, und etwas fad und westlich, wenn die Ukrainer emigriert sind.

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Brutale Vorgänge lassen sich oft nur mit makabren Erzählformen beschreiben. So gilt der Roman noir mit seinen dunklen Figuren und seinem düsteren Milieu als passable Kunstform, um so einem Unding wie dem Stalinismus irgendwie gerecht zu werden.

Vladislav Todorov erzählt eine Kriminalgeschichte, die aber durchaus politisch verläuft. Im stalinistischen Sofia der Nachkriegszeit raubt ein jugendliches Trio einen Juwelier aus, der dabei zu Tode kommt. Der Ich-Erzähler Motte geht ins Gefängnis, weil er seine Geliebte schützen will, der wahre Täter wird politischer Polizist und wartet, bis Motte wieder aus dem Gefängnis kommt, um ihm das Versteck des verschwundenen Diamanten herauszupressen.

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Schon beim guten alten Stifter ist im sanften Gesetz davon die Rede, dass in den unscheinbaren Dingen die große Kraft des Weltgeistes wirkt.

Mathias Klammer geht in seinem Roman vom Minimalismus der Dinge so genannten kleinen Ereignissen nach, die aber für die installierten Figuren große Auswirkungen haben können.

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In der Literatur wird eine Geschichte oft dadurch plastisch und aufregend, dass sie sich beim Erzählen selbst vernebelt. Während der Leser in den Trümmern nach brauchbaren Teilen sucht, entsteht der Psychothriller wie von selbst.

Stefan Abermann macht in seinem Debütroman alles richtig. Angefangen vom bedrohlichen Titel "Hundestaffel", über das überschaubare Figurenset von drei halbstarken Erotik-Hengsten bis hin zu einem verblüffenden Plot wird hier von frei liegenden Hormonen, schweren Medikamenten und einem undurchdringlichen Lebenssinn erzählt.

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Der Verwicklungsroman gilt Kennern als ideales Genre, um biographische Geschehnisse in einem individuellen Zeitgeschichte-Beet gedeihen zu lassen.

Ilse Kilic und Fritz Widhalm legen nun schon den siebten Teil vor und erzählen ganz unverblümt, dass es vielleicht in zwei Jahren einen achten Teil geben wird.

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Die besten Krimis sind jene, die erzählen, dass sie eigentlich kein Krimi sind. So hat etwa der frühe Peter Handke mit seinem "Hausierer" das ganze Genre aufgerollt bis hin zu der schönen Erkenntnis: Die Kinder spielen schon den Mord.

Peter Clar geht von diesem magischen Wittgenstein-Satz aus, wonach die Welt alles ist, was der Fall ist. Und wenn dann noch jemand vom Kirchtrum eines Kärntner Dorfes herunterfällt wie in Josef Winklers Romanen, dann ergibt sich fast automatisch ein Kriminalroman oder zumindest ein Beobachtungsdrama.