Ludwig Roman Fleischer, Partnerlook
Die Weltliteratur, sagt man, ist sehr gerecht aufgebaut. Jedes Land darf einen besonderen Baustein dazu beitragen, und am Ende gibt es eine Fülle von Stoff, Erzähltechniken und überschäumenden Realismus.
Österreichs Beitrag zu diesem erzählenden Weltwunderwerk ist der „Innere Monolog“. Einst vom ruhiggestellten Arzt Arthur Schnitzler für seine Figur Fräulein Else 1924 erfunden, erreicht er seinen Höhepunkt in der Figur des Herrn Karl, der die österreichische Seele zu einem pragmatischen Kellerwesen ausbaut.
Und nicht nur in psychologischen Belangen ist der innere Monolog unschlagbar, er erweist sich auch als Erzählmeister einsamer Individuen, die von einer Pandemie in ihre eigenen Körperzellen gesperrt sind.
Merkt es eine Dichterin eigentlich, dass sie aus der Zeit gefallen ist? Und wenn ja, ist sie dann nicht schon wieder in der Zeit drin?
Der sogenannte Europa-Roman ist gleich zweimal definiert. Einmal als Roman, der sich um das politische Europa der Gegenwart kümmert, das seinen Sitz wie frühere Pfalzen überall am Kontinent hat, und zum zweiten als literarisches Genre.
Einem Klumpen Lehm gleich wird der sogenannte Konzeptroman den Lesern auf einer Töpferscheibe angeboten, die sich beim Lesen zu drehen beginnt, sodass daraus ein persönlicher Golem geformt werden kann.
In Österreich kommen manche erst dann mit Bildung in Kontakt, wenn ihnen bei der Autopsie das Hirn entnommen und die Kopfhöhle mit der Kronenzeitung ausgestopft wird.
Durch den Krieg werden Vorkriegsromane zu Kriegsromanen. Autor und Publikum können das Rad der Literatur nicht zurückdrehen, beiden sind die Augen inzwischen anders aufgegangen als geplant. Und auch der Roman ist ein anderer geworden.
Ein aufregender Roman stützt sich durchaus auf einen großen Gestus, mit dem er in der Hand gehalten wird. Manche Romane sind geradezu für das Lesen „on the road“ geschaffen, man denke nur an die fetten Narko-Thriller aus weichem Papier, die von einer Hand mühselig gehalten werden, während die andere versucht, mit fünf Fingern einen Joint zu drehen.
In sogenannten liturgischen Romanen geht es darum, einen bewährten Plot aufs Neue zu erzählen, um die Anhänger dieser Plot-Konstellation darin zu bestärken, dass sie zu den Guten gehören und richtig liegen.
Die besten Erzähler sind jene, die am Sterbebett liegen. Sie brauchen niemanden mehr zu beeindrucken und nichts mehr zu schönen. Sie können das Leben abrechnen, auch wenn sie es oft falsch boniert haben.
Jeder Roman lebt davon, dass er mit den Wörtern mehrdeutig umgeht. Schließlich geht es bei jedem Begriff um eine vage Gedankenbewegung. Wenn beispielsweise etwas am Kopf sein soll, ist es vorerst egal, ob es sich um eine Mütze handelt oder um eine Wolke.