Buch-CoverFehlende Dinge deuten oft auf etwas Kriminelles hin. So kann eine unvollständige Anschrift letztlich genau so zu einem Täter führen wie die Bezeichnung Kriminal, von der offensichtlich ein Teil fehlt. Ist es ein Kriminalroman, ein Kriminalbeamter, eine Kriminalgroteske?

Peter Pessl lässt in seinem Kriminal-Buch so gut wie alles offen. Die Sätze werden nur angedeutet, Szenen erscheinen im Halbschatten, der zweite Teil eines Dialogs fehlt fast immer, ständig werden Situationen aufgerissen und offen gelassen.

Buch-CoverManchmal reißt einen ein edler Umschlag mit poliertem Werkzeug in die düsterste Materie. Magnus Mills hat nichts Größeres vor, als die komplette Arbeitswelt als Wahnsinn darzustellen, uns Leser darin zu verstricken und dann das ganze mit Ironie in die Luft zu jagen.

Über das ganze Land verteilt gibt es ein geheimnisvoll wichtiges Transportunternehmen, das nichts anderes tut, als alle Transportgeräte und deren Fahrer in gleichmäßiger Bewegung zu halten. Zu diesem Zweck wurde der so genannte Univan erfunden, ein völlig untauglicher Klein-LKW, der außer sich selbst und den pragmatisierten Fahrern kaum etwas transportieren kann.

Buch-CoverKein Milieu ist vor Kriminalität sicher, das macht den Beruf eines Kommissars so aufregend, er gerät nämlich mit jedem Fall in ein spezielles Milieu.

Für Tone Hagen, der seit seiner Rückkehr ins Ländle stets angefressen und widerwillig ermittelt, ist wahrscheinlich ganz Vorarlberg ein undurchsichtiges Milieu.

Buch-CoverMusik ist bei Thomas Meinecke mehr als das Handling von Tönen, genau genommen gibt es ja auch eine Musik der Geschichte, eine Musik der Erotik, und alles, was zwischen zwei Körpern abläuft, ist letzten Endes so etwas wie Musik.

Musik ist eine Universalgeschichte der Gegenwart, worin so seltsam divergente Dinge wie Heimatkunde, Geschichtsbewusstsein, Kulturempfinden, Rollenverständnis und Alltagssexualität abgehandelt werden.

Buch-Cover"Gibt es Menschen, die es fertigbringen, die Welt genauer zu sehen als sie ist?" (18) – Der britische Physiker Paul Dirac (1902-1984) scheint so ein Mensch gewesen zu sein, manche seiner Beiträge zur Quantenphysik gelten heute noch als rätselhaft und lösen deshalb Bewunderung aus.

Für einen rastlosen Studenten ist so ein Mammut an Wissenschaft natürlich die ideale Messlatte, um das eigene Leben zumindest in der vagen Lebensplanung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. David beschließt, als Biograph des Genies aufzutreten, nachdem er sein Studium an den Nagel gehängt hat.

Buch-Cover"Stillborn" heißt so viel wie Totgeburt oder tot geboren. Beide Bedeutungen können als Lebensmotto von Elisa angesehen werden, sobald sie über sich nachzudenken anfängt, steigt aus der Kindheit jene Leere auf, die man stillborn nennt.

Dabei ist Elisa im Alltagsleben äußerst erfolgreich, sie handelt nämlich mit Flächen, Wohnflächen, Nutzflächen, Freizeitflächen, und das Wort, das regelmäßig einen Orgasmus auf der Zunge auslöst, heißt Quadratmeter. Elisa ist nämlich Maklerin und hat diesen quadratischen Blick, der aus jeder Wahrnehmung den entsprechenden Nutzen abliest. In der Maklerei ist eine Tirolerin angestellt, die überhaupt Klara Quadrat heißt, so nützlich ist sie, bei ihr ist nämlich die Tiroler Kindheit zu einem einzigen Reservoir an Nützlichkeit ausgebaut.

Buch-CoverDas klarste Lebensprogramm, das sich überhaupt ausdenken lässt, heißt schlicht: Weiter! Dieses kurze Ermunterungswort ist vermutlich stärker als jede Religion, Ethik oder Psychotherapie.

Schon Rolf Dieter Brinkmann hat vor etwa dreißig Jahren mit seinem berühmten Gedicht „Alles macht weiter“ einer ganzen Generation Mut zugesprochen. Darin hat er so beruhigende Gedankenschlieren verfasst wie etwa: „Die Geschichtenerzähler machen weiter, die Regierungen machen weiter, die Vorstädte machen weiter, das Papier macht weiter.“

Buch-CoverEfeu, Georgenhof, drei Kühe, drei Schweine, Blaubeeren, ein nachdenklicher Pole und zwei muntere Ukrainerinnen – wir befinden uns punktgenau 1945 unweit von Mitkau, einer kleinen Stadt in Ostpreußen.

Zugegeben, so setzen romantisch große Romane ein, mit jeder Fügung ist klar, dass es sich hier um den großen Erzählgestus von würdiger Erinnerungsliteratur handelt, zwischen den Zeilen schaut uns der Text mit großen Germanistenaugen an und nickt uns zu: Du bist ein guter Leser, wenn du diesen Roman liest!

Buch-CoverWas der Schäferroman für das Barock ist, ist der Kriminalroman für die Gegenwart. In beiden Fällen soll nach vorgegebenen Erzählritualen atemlose Spannung zeitgemäß aus den Seiten knistern.

Für jeden Autor stellt die erzählte Kriminalkunst die höchste Herausforderung dar. Der junge Schriftsteller Martin Kolozs hat sich zum Eintritt in seine aktive Erzähllaufbahn gleich auf zwei Kriminalerzählungen gestürzt und auf allen Linien gewonnen.

Buch-CoverUnter einem saftigen Schäferroman versteht man etwas lieblich Schönes, die Figuren zeigen mit den Fingern aufeinander und machen dabei stille Erotik, die Landschaft ist fruchtig, Schönwetter ist angesagt und als Leser erlebt man Seitenweise Happyness.

Für Matthias Schönweger ist diese Vorgabe natürlich der ideale Ort, um einen Südtirol-Roman darin zu installieren, gilt doch Südtirol zumindest in Wort, Bild und Vorstellung als das Paradies. Freilich wäre Schönweger nicht Schönweger, wenn er diesem glatten Begriff Schäferroman nicht noch einen glitschigen Hintersinn verpasst hätte, wie ja auch eine gute Seife immer hinten und vorne flutschig und rein ist. Dieser Schäferroman handelt im konkreten Fall von den Schafen, die von einem guten Hirten belehrt und geführt werden.