Tirol

Marlene Schwarz, Catania

h.schoenauer - 09.11.2012

In der Literatur gibt es oft ein strenges Ranking verschiedener Nachrichten. So muss fallweise eine Verwandtschaftsbeziehung einem Text vorausgestellt werden, damit sich die Leserschaft anschließend voll auf den Text konzentrieren kann.

Im Falle von Marlene Schwarz muss man einfach wissen, dass sie die Schwester von Herbert Rosendorfer ist, und dieser beschreibt jene in einem Vorwort als die Strukturierteste und Emsigste unter den Geschwistern.

Ursula Bauer / Jürg Frischknecht, Schüttelbrot und Wasserwosser

h.schoenauer - 30.10.2012

Der Vinschgau, diese bemerkenswerte Kulturlandschaft zwischen Reschen und Meran, besitzt an seinem westlichen Ende lauter Ausstülpungen, mit denen der wandernde Mensch geradezu ins Innere gezogen wird.

Ein vernünftiger Mensch kann gar nicht anders, als der Neugierde nachzugeben und sich dem Vinschgau in die Arme zu werfen.

Arthur & Ludwig, Das g‘stohlene Dachl

h.schoenauer - 28.10.2012

Historische Ereignisse, angesiedelt zwischen Gerücht und Überlieferung, werden erst dann halbwegs klar, wenn es einen Comic dazu gibt.

So versteht man flächendeckend die römische Geschichte erst, seit es Asterix gibt, und auch die verzwickte Lage in diesem Alpenreservat Tirol lässt sich erst seit Arthur & Ludwig halbwegs verstehen.

Renate Aichinger, WELT.ALL.TAG

h.schoenauer - 23.10.2012

Manche Begriffe lassen sich neu generieren, indem man sie in ihre Wortteile zerlegt wie die Glücksschweinrädchen in einem Glücksspielksautomaten. Die Wortteile sausen also als Zufallspartikel vor dem Auge ab und ergeben neue Begriffskonstellationen.

Renate Aichinger hat mit ihren gut zwanzig Geschichten und Gedichten die Welt atomisiert und aufgespalten in WELT.ALL.TAG. Die Protagonisten erleben dabei ihre Wahrnehmung als Fragmente eines Ganzen, das ihnen unerschlossen bleibt. Dennoch versuchen sie mit diesen kleinen Wahrnehmungen zurecht zu kommen und sich darin einzurichten wie in einer großen Welt.

Susanne Schaber, Lesereise Pyrenäen

h.schoenauer - 16.10.2012

Die Pyrenäen gelten als sagenhaftes Gebirge zwischen Spanien und Frankreich gelegen, worin sich allerhand seltsame Gestalten tummeln und wohin sich oft alte Geschichten zurückgezogen haben, um zu überleben.

Susanne Schaber stellt in ihrer Lesereise einige dieser unverwechselbaren Eigentümlichkeiten vor und beginnt diese mit dem Mythos um den Schriftsteller Walter Benjamin. Von ihm wird ja immer zuerst sein Ende erzählt, ehe man überlegt, wer er vorher gewesen ist.

Norman T. Grant, Das Tödlein und das Mädchen mit den roten Haaren

h.schoenauer - 11.10.2012

In guten Mundarten laufen die Verkleinerungsformen von Tod und Todel (Trottel) fließend in einander über. Wenn also das Tödlein grinsend mit dem Mädchen mit den roten Haaren hinter einem Stück Wäsche hervor lugt, haben wir es mit einem fröhlichen Buch zu tun.

Für die existentielle Fröhlichkeit garantieren der Texter Norman T. Grant, der aus dem kleinen Nest Danville nie weggekommen ist in der Hoffnung, dass ihn der Tod in diesem Nest nicht findet, und der farbfröhliche Christian Yeti, der aus seinem Geburtskaff Oberletzen weggezogen ist, weil alles andere den Tod bedeutet hätte.

Selma Mahlknecht, Vom großen Ganzen

h.schoenauer - 02.10.2012

Philosophische Maßeinheiten sind bekanntlich immer von der Situation abhängig. Und schon Adalbert Stifter hat im Sanften Gesetz das sogenannte Große von hinten her, von der Stille und Überschaubarkeit her aufgezäumt.

Selma Mahlknecht geht in sieben Erzählungen der Unverhältnismäßigkeit von Größe und Wirkung nach.

Chris Moser, Die Kunst Widerstand zu leisten

h.schoenauer - 25.09.2012

Auf den ersten Blick ist es vielleicht verwunderlich, wenn ein Tatsachenbericht als das wahrscheinlich erschütterndste Buch empfunden wird, das in den letzten fünf Jahren in Tirol erschienen ist.

Wenn man sich allerdings den Zusammenhang zwischen öffentlicher Herrschaft und individuellem Schicksal vor Augen hält, so kann dieser Bericht es phasenweise mit einem skurrilen Roman aus Tschetschenien oder Libyen aufnehmen. Dabei „spielt“ alles vor unserer Haustüre zwischen Wildschönau, Innsbruck und Wiener Neustadt.

Ruth Weiss, A parallel planet of people and places

h.schoenauer - 22.09.2012

Beat-Lyrik kümmert sich nicht nur um die Geschlagenen und Verdroschenen, sie schaut auch im Schriftbild oft zerknittert, mehrphasig und unvollkommen aus.

Im anspruchsvollen Würdigungsband für Ruth Weiss werden daher die Texte im Faksimile dargeboten, ehe es eine Übersetzung von Jürgen Schneider gibt.

Raoul Schrott, Das schweigende Kind

h.schoenauer - 06.09.2012

Eine ordentliche Lebenskrise hat die Kraft, ganze Jahrgänge stumm zu machen. In Raoul Schrotts Erzählung „Das schweigende Kind“ macht ein beichtender Maler eine formidable Krise durch. Äußerlich ist soeben jene Katastrophe eingetreten, die sich vielleicht innerlich schon über Jahre angestaut hat.

Der Erzähler identifiziert in einem Krankenhaus eine Frau, die die Mutter seines Kindes ist. Offensichtlich ist sie erstickt, vielleicht sogar erwürgt worden.