Georg Hasibeder, Die Dose
Wahrscheinlich ist die perfekte Hülle gleichsam ihr Inhalt. Diese Vermutung taucht zumindest bei der Analyse des Web auf, wo kaum noch zwischen Content und Containment unterschieden wird. Georg Hasibeder geht mit seinem listigen Essay aus der Serie „Kultur der Dinge“ der Frage nach, was eigentlich eine Dose ist. Ist sie vielleicht der heimliche Sinn eines Produktes, wenn wir es in der Hand halten und inszeniert zum Mund führen, wie etwa den berühmten Energiedrink mit dem Stier drauf?
Die Idee für diesen Essay speist sich aus der Neugier für die Dinge des Alltags. Anhand eines Gegenstands wird die große Kulturgeschichte über Jahrhunderte erzählt. Mit jedem neuen Schritt kommt es zu einer Seitengeschichte, die wiederum eine eigene Kulturgeschichte aufmacht.
Wie kann man über etwas nachdenken, wenn einem der öffentliche Rummel keinen Platz dafür lässt? Wie kann die Kunst im Untergrund an der Oberfläche des Tagesgeschehens andocken, wenn keine Flächen dafür vorgesehen sind?
Im Idealfall treten die Genres Rezension und Kunstwerk gemeinsam auf. Etwas erscheint, und zeitlich nahe gibt es eine Reaktion darauf, was unter dem Überbegriff Rezension publiziert wird. Dieses Wechselspiel aus der analogen Zeit des Buchdrucks hat es im großen und ganzen auch ins digitale Zeitalter hineingeschafft, wo das Genre Rezension auf diversen Blogs, Foren und Plattformen beinahe unüberschaubar verstreut ist.
Selbstverständlich erwarten wir in der Geruchskultur, dass Parfum in Flacons abgefüllt ist und nicht im Tetrapack. In der Lesekultur freilich muten wir uns ständig lieblos abgefüllte Massenware zu, die wir in Files herumschicken oder uns als Paperback an den Kopf werfen.
Eine ironische Anspielung auf den Kubrick-Film „Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ (1964) liegt in der Luft, womit die Liebe etwas gefährlich Abschreckendes wäre wie die Atombombe im Kalten Krieg.
Selbst der rastlose Überflug durch Zeit und Raum hat im Augenblick seiner Gegenwart fixe Koordinaten, die eine „Heimat“ beschreiben. Geprägt ist dieser Augenblick durch dieses magisch zusammengeschmolzene Schlüsselwort „Hierorts.Bleiben.“
Nach dem Koma ist nur eines gewiss: Alles, was bei den Sinnesorganen hereinschaut, ist etwas Fremdes. Zwischen der Welt und dem Individuum fremdelt es.
Das literarische Bermudadreieck für para-normale Fiktion ist irgendwo zwischen Edgar Allen Poe (Die Sphinx), Andre Gide (Die Verliese des Vatikan) und Ray Bradbury (Fahrenheit 451) angesiedelt.
Die Befürchtung, geholt zu werden, überfällt in Romanen oft jene Helden, die am Ende sind. Bei Norbert Gstrein etwa wird im „Einer“ der sprachgestörte Jakob abgeholt, als er mit dem Dorfleben nicht zurecht kommt, in Texten nach der Machtübernahme der Nazis müssen Andersdenkende oft befürchten, geholt zu werden.
Hans schlägt einen Pfosten ins Erdreich und setzt einen kulturellen Claim in die Landschaft. Er ist jetzt eingemieteter Häuslbauer im Speckgürtel und hat sich erfolgreich einen Flecken Sprache, Gesinnung und Lebenssinn durch Umzäunung gesichert.