Belletristik

Arno Heinz, Vielleicht nicht ich

h.schoenauer - 08.09.2011

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Die größten Geheimnisse in der Literatur haben immer damit zu tun, dass jemand seine Identität erforscht, die Rolle von Mitbewerbern beim Lebenssinn erkennt und den Ablauf von gepixelten Alltagsteilen zu einer Geschichte zusammenfügt.

Arno Heinz stellt in seiner Spurensuche letztlich alles in Frage. Der Ich-Erzähler hatte offensichtlich einen Unfall und das Gedächtnis hat gelitten. Darauf deutet der erste Teil hin, indem ständig neue Psychiater, Ärzte oder halb-kriminelle Gutachter das Hirn des Erzählers (und was davon übrig geblieben ist) erforschen wollen.

Andrej Kurkow, Der wahrhaftige Volkskontrolleur

h.schoenauer - 28.08.2011

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Verrückte Staatsgebilde produzieren meist verrückt gute Berufe. So wurde in der Sowjetunion quasi die Verwaltung neu erfunden mit lauter seltsamen Beamten, die durchgehend für die Überwachung gebraucht wurden.

Andrej Kurkow greift augenzwinkernd aus dem Heer der wahnsinnigen Beamten den "Volkskontrolleur" heraus und gibt ihm ein erbärmliches bis erbarmungswürdiges Schicksal.

Wolfgang Hermann, Die Augenblicke des Herrn Faustini

h.schoenauer - 24.08.2011

Buch-CoverJe nach Interessenslage verstehen die einen unter Faustini einen Opernlibrettisten, die anderen einen italienischen Marathonläufer.

Der echte Faustini jedoch stammt von Wolfgang Hermann und ist ein aufmerksamer Zeitgenosse mit geradezu übersinnlichen Empfindungen für den Alltag. Die neuen Abenteuer des Herrn Faustini nennen sich schlicht Augenblicke. Damit ist einmal eine kurze Zeitangabe gemeint, zum anderen eine kurze Kontaktaufnahme zur Außenwelt.

Irene Prugger, Letzte Ausfahrt vor der Grenze

h.schoenauer - 17.08.2011

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Nichts ist so aufregend wie das Märchen von der letzten Chance. Diese ultimative Drohung mit radikaler Veränderung verzeiht den Helden keinen Fehler, andererseits spekulieren diese mit dem Möglichkeitssinn: Was passiert eigentlich, wenn ich die letzte Chance nicht schaffe?

Irene Prugger stellt in achtzehn Erzählungen sogenannte Beziehungsdramen vor, worin die Darsteller mehr oder weniger ans Ende gekommen sind, aber dann doch noch versuchen, die Kurve zu kratzen.

Bosko Tomasevic, Früchte der Heimsuchung

h.schoenauer - 21.06.2011

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Biblisch wie die "Früchte des Zorns" von John Steinbeck sind auch die "Früchte der Heimsuchung" von Bosko Tomasevic.

In einem Ton voller Leidenschaft, an manchen Tagen wild wie eine Prophezeiung, an anderen leidenschaftlich klar wie ein Psalm ausformuliert, durchquert ein lyrisches Ich sein eigenes Schicksal, das von Sehnsucht, Gottesfurcht und Enttäuschung gekennzeichnet ist.

Johann Georg Lughofer (Hrsg.), Reise nach Ljubljana

h.schoenauer - 20.06.2011

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Anthologien erzählen über die einzelnen Texte hinaus immer auch von einer Idee, die mit diesen Bausteinen verwirklicht wird.

Reise nach Ljubljana versammelt Texte jener österreichischen Autorinnen und Autoren, die ständig unterwegs sind und beispielsweise auf einen Sprung oder ein Projekt in Laibach vorbeischauen, wo die Literatur gerade eine Blüte erlebt.

Nadja Spiegel, Manchmal lüge ich und manchmal nicht

h.schoenauer - 19.06.2011

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So ein Satz bringt Wahrheitsfanatiker auf die Palme. Manchmal lüge ich, manchmal nicht. Eine verschmitzte Erkenntnis, die ganze Wissenschaftszweige ad absurdum führt.

Nadja Spiegel stellt in ihren zwanzig Erzählungen jeweils Heldinnen vor, die sich in zwiespältigen Situationen lapidar zu wehren wissen. Die Situationen gleichen oft einem Münzwurf, bei dem Kopf oder Zahl, Lüge oder Wahrheit, Sein oder Nichtsein gleich wahrscheinlich auftreten.

Rut Bernardi, Lyrik und Prosa kreuz und quer

h.schoenauer - 18.06.2011

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Es gibt Literaturen, die sind so klein, dass sie fast ausschließlich sich selbst zum Inhalt haben. In der Serie Kleine Literaturen Europas stellt Rut Bernardi quasi im Alleingang das Ladinische in Lyrik und Prosa vor.

In den Texten taucht immer wieder die Frage auf, wie eine kleine Sprache überleben kann, was man auf Dauer mit dem Konzept Einweg-Übersetzungen anfängt und wie die aktuelle Gegenwart sich auf die Semantik einer archaischen Sprache auswirkt.

Francesca Melandri, Eva schläft

h.schoenauer - 13.06.2011

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Der Legende nach soll ein Erzengel dem Adam die Zukunft der Welt erklärt haben, während Eva geschlafen hat. Dieser seltsame Zustand, dass man die wichtigsten Botschaften verschlafen muss, um sie in der Realität zu erleben, ist vielleicht auch auf ein ganzes Land anwendbar.

In Francesca Melandris Roman suchen zwei Frauen und ein Land ihren Vater oder ihr Vaterland. Das Bemerkenswerte für deutschsprachige Nord-Leser liegt darin, dass in italienischer Sprache aus italienischer Sicht die Geschichte Südtirols erzählt wird, wie sie letztlich auf die kleinen Leute durchgeschlagen hat.

Jack Hirschman, Wer trägt Sorge / Who cares

h.schoenauer - 01.05.2011

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Das soziale Gewissen lässt sich wie die wichtigsten Angelegenheiten des Lebens nicht durch Fachliteratur sondern höchstens durch Poesie darstellen.

Jack Hirschman gilt als sowohl als Sozialpoet als auch als poetischer Sozialist, je nachdem, als was seine Veranstaltungen angekündigt sind. In Langzeilen-Poems in der Art der Beatniks greift er aktuelle politische Situationen auf, um sie anhand der gequälten Seele darzustellen. In seinen Gedichten kommt oft der Endverbraucher zu Wort, der das alles auszubaden hat, was andere angerichtet haben.