Christoph Linher, Ungemach
Alte Bernhard-Leser verlesen sich natürlich, wenn ihnen plötzlich der schroffe Titel „Ungemach“ entgegenfliegt, das hat doch bei Bernhard 1968 Ungenach geheißen?
Christoph Linher kennt natürlich aus der Innsbrucker Germanisten-Zeit seinen Bernhard, und als Sprachmeister weiß er, dass Ungemach eine Literatursorte ist, die in jeder Epoche neu geschrieben werden muss. Der Ich-Erzähler Maurig aus dem Jahre 2017 fliegt auf der ersten Seite aus dem Rechtswesen, als man ihm seine Anwaltslizenz entzieht.
Elementare Romane dringen wie eine Naturgewalt in die Kunstbauten des Lesers ein und durchpflügen sein Weltbild und machen ganze Leseflächen instabil.
Die Dramaturgie der Hölle besteht darin, dass es keine Handlung gibt, nur flächendeckendes Kriegsfeuer, das jederzeit an allen Stellen der Stadt ausbrechen kann.
Was geschieht, wenn jemand im Märchenton „steckenbleibt“ und die kaputte Welt nur mit märchenhaften Satzformeln zusammenzukleben vermag?
Es gibt Wörter, die sind frühlingshaft hell und zuversichtlich, Gabe und Hoffnung gehören dazu, und wenn der Name Stanislav Struhar fällt, löst sich jede Düsternis aus der Literaturgeschichte und es wird plötzlich Licht.
Für das Ausräumen einer Schatztruhe gibt es keine verlässlichen Richtlinien. Genauso wenig ist geregelt, wie man einen Roman voller Schätze ausräumen und im Kopf installieren soll.
Je heftiger ein Rohr ums Eck gebogen wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es leckt und eine gigantische Gaswolke austritt. Wenn die Geschichte ums Eck biegt und einen Systemwechsel vorschlägt, entstehen in der Begleitliteratur die wildesten Helden und Geschichten.
Manche Geschichten lassen sich nicht unterkriegen und tauchen gerade dann auf, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Diese „alten Geschichten“ werden oft mit einer lässigen Handbewegung zuerst abgewehrt und dann doch erzählt.
Können Clowns ein normales Leben führen, wenn die Show vorbei ist? Können Clowns Kinder kriegen, und wenn ja, sind dies dann auch Clowns?
Da muss jemand schon eine seltsame Reise getätigt haben, wenn die Leute zu Hause vielleicht warten und sich wünschen: Erzähl mir vom Mistral. Üblicherweise werden die Hinterbliebenen mit Selfies überpixelt und die Reise ist bald einmal vom Display gewischt.