Die ersten Worte, die nach einem Unglück von den Überlebenden ausgestoßen werden, klingen für sich genommen immer sinnlos und wirken grotesk. Was erst sollen Überlebende sagen, die als Juden in Paris gerade den Krieg, die Nazis und die Vernichtung überlebt haben?

In einer Schneiderei für Damen-Nachkriegsmode in Paris kommt allmählich das Leben wieder in Gang. Manche haben schon Geld für eine Maßanfertigung, über gute Kanäle kommen auch schon wieder Stoffe in die Werkstatt, die Kinder sind auf Ferienlager in einem intakten Schloss und schreiben Briefe nach Hause.

Pubertät in einer polnischen Provinzstadt - diese drei harten „P“ garantieren eine groteske Literatur.

In einem entlegenen Städtchen Polens hart an der russischen Grenze steckt das sogenannte Schusterkind Bartek seine Reviere ab. Headquarter dieser Erkundungen ist eine Schusterwerkstatt, in der die wichtigsten Personen ein und ausgehen, zumal es zu Hause oft düster und wild hergeht.

Eine ordentliche Lebenskrise hat die Kraft, ganze Jahrgänge stumm zu machen. In Raoul Schrotts Erzählung „Das schweigende Kind“ macht ein beichtender Maler eine formidable Krise durch. Äußerlich ist soeben jene Katastrophe eingetreten, die sich vielleicht innerlich schon über Jahre angestaut hat.

Der Erzähler identifiziert in einem Krankenhaus eine Frau, die die Mutter seines Kindes ist. Offensichtlich ist sie erstickt, vielleicht sogar erwürgt worden.

Erst wenn man sich auf die Suche nach seiner verdeckten Herkunft gemacht hat, kann man mit dem Leben beginnen.

In Carolina Schuttis Roman geht die junge Frau Maja ihren eigenen Herkunftsspuren nach. Sie ist offensichtlich einst durch widrige historische Umstände in einem kleinen Dorf „gelandet“, die erste Bezugsperson ist eine sogenannte Tante, die sie in die wichtigsten Handgriffe des einfachen Lebens einführt.

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Die Logik in der Literatur ist eine andere als jene in der Forensik, Psychiatrie oder Pädagogik. Um dem Phänomen Schulmassaker ein wenig auf die Spur zu kommen, hat deshalb Frieda Norka die Form der fiktiven Dokumentation gewählt.

Was im lateinamerikanischen Raum literarisch durchaus üblich ist, stellt in unserer Lesekultur nach wie vor eine Besonderheit dar, weshalb man sich die drei Schritte der vorliegenden Dokumentation vor der Lektüre vergegenwärtigen sollte.

Buch-CoverEin beliebtes Gesellschaftsspiel unserer Tage besteht darin, Konstellationen ausfindig zu machen, die einen gerade noch von einer Familie sprechen lassen. So handeln die zeitgenössischen Romane oft von jener skurrilen Dekonstruktion der Beziehungen, die einen die klassische Vorabend-Familie völlig vergessen lassen.

Lukas Hartmann führt in seinem Roman zwei Bruch-Familien zu einem Stück finsteren Glück zusammen.

Buch-CoverDas Wort vergessen ist eine raffinierte Sache, einerseits kann damit alles gemeint sein, was man nicht mehr im Gedächtnis auffindet, zum anderen ist es eine Tätigkeit, etwas elegant zum Verschwinden zu bringen.

So kann die Botschaft in Dan Lungus Roman "Wie man eine Frau vergisst" beides bedeuten, nämlich dass sich der Held nicht mehr an die Frau erinnern will oder dass sie zum Vergessen ist.

Buch-CoverDer Sinn des Lebens besteht in einem Garvorgang unter einer Salzkruste. Nach dieser mediterranen Methode des Fisch-Garens bereiten die wahren Helden ihr Leben zu.

Otto Licha führt in seinem Roman ein kleines Personen-Set vor, das behutsam und mit sich selbst beschäftigt durch die Siebziger, Achtziger, Neuziger und Nuller surft. Genau so prägnant, wie das Lebensgefühl eines Dezenniums für die Zeitgeschichte zusammengefasst werden kann, lassen sich auch Biographien zusammen fassen.

Buch-CoverDie wahren Geschichte spielen sich meist jenseits der Google-Welt ab, nur in kurzen Schimmern tauchen dabei die Helden auf und verlöschen in sich selbst.

Eine stille Geschichte, die nicht nur unter die Haut geht sondern quasi unter der Haut spielt, hat Carolina Schutti in einem konzentrierten Roman aufbereitet.

Buch-CoverWenn in einer Gesellschaft absolut nichts los ist, außer dass ihre Mitglieder abgekapselt in ihren Bodies hocken und vom generellen Nichts träumen, dann muss folglich auch die Literatur dementsprechend abgekapselt in ihrem Literatur-Body sitzen und vom Nichts träumen.

In Silvia Pistotnigs Roman Nachricht von Niemand laufen die Figuren völlig bedeutungslos und sinnlos durch das eigene Leben. Manchmal gibt es eine Beziehung, dann ein Date, dann wieder einen Verwandtenbesuch, ein Baby kommt zu früh auf die Welt und in der Hauptsache wird gequasselt und dahin gesumpert.