Björn Springorum, Der Ruf des Henkers
„»Es kümmert mich nicht, was sie in mir sehen, Edwards. Ich werde Ihnen jetzt einen Vorschlag unterbreiten.« Ich pausierte. »Nun, keinen Vorschlag, denn eine Wahl haben Sie nicht. Sie lassen das Mädchen frei und geben den Jungen in meine Obhut. Er wird fortan mein Lehrling sein.“ (24)
Der berüchtigte Henker William Calcraft, der seit nunmehr vierzig Jahren im Auftrag von Königin Viktoria sein grausames Amt verrichtet, trifft bei seiner Arbeit in Sheerness, einem kleinen Dorf in der Umgebung von London, auf den 14-jährigen Richard Winters. Als Calcraft eine junge Frau hinrichten soll, hält er diese für unschuldig und auch Richard verbürgt sich für seine Freundin Liz. Calcraft verschont das Leben des Mädchens und stellt im Gegenzug Richard als seinen Lehrling ein.
„Der Fels fing an, sich zu bewegen, oder flog er sogar, ein Sausen und Brausen war um die beiden Kinder herum, dass sie die Augen schließen mussten, und als das Sausen vorbei war und sie die Augen wieder öffneten, merkten sie, dass sie nicht auf einem Felsen saßen, sondern auf einem Tier.“ (55)
„Die Welt ist voller Geheimnisse, okay? Wer hat die Erde erschaffen und die Tiere, und was passiert nach unserem Tod und dieser ganze Mist, aber das größte Geheimnis ist, warum wir tun, was wir tun.“ (35)
„Er lag auf dem Rücken am Boden. Kurz schloss Jake die Augen. War das peinich. War er gerade ernsthaft in Ohnmacht gefallen? »Mein Junge, wir das Lehrpersonal von Mount Caravan, freuen uns, dir zur bestandenen Aufnahmeprüfung zu gratulieren!«“ (16)
„Alle hier auf Niemandort nennen sich gegenseitig und auch selbst: Niemand. Sie denken auch von sich als »Niemand«: Niemand geht aus dem Haus. Niemand holt Holz. Niemand schaut der Brandung zu. Niemand fühlt sich glücklich … »Nein, ich fühle mich nicht glücklich«, flüstert Niemand.“ (7)
„»Jetzt ist’s passiert!«, flüsterte Wendel. Er hielt sich noch immer die Augen zu. Nur nahm er nun beide Hände zu Hilfe. »Jetzt ist der Schaden angerichtet. Oha!« Janis hatte die Geisterstimme gehört. Er starrte auf die mittlere Eibe. Er versuchte einen Blick mit Motte zu tauschen. Aber Motte hatte keine Augen für ihn. Sie saß da, wie versteinert, nur ihre Lippen bewegten sich. »Das - kann - nicht – sein. Das ist völlig un…«“ (57)
„Alle Städte sind Geister. Neue Gebäude entstehen, über den Gebeinen der alten, sodass jeder glänzende Stahlträger, jedes Backsteinhochhaus die Erinnerung an das, was nicht mehr da ist, in sich trägt – ein architektonischer Spuk.“ (11)
„»Es gibt ein Geheimnis, das Sie und Ihren Bruder trennt«, sagte sie. Ihre Stimme war dunkel geworden, schien plötzlich die eines anderen Menschen zu sein, aus einem tiefen Schacht zu ihm zu dringen. »Ein zweites Geheimnis wird Sie beide wieder zusammenbringen. Es wird Sie unauflöslich aneinanderketten, bis die Frage beantwortet ist.«“ (10)
„Man sollte nie alles glauben, was man zu hören bekommt. Nicht einmal in der kleinen Stadt Sidwell in Massachusetts, wo angeblich jeder nur die Wahrheit sagt und die Äpfel so süß sind, dass viele Leute zum Apfelfest eigens aus New York anreisen. Das meistgehörte Gerücht hier in Sidwell ist die Mär von dem Monster …“ (5)
„Die Kunst der Verwandlung – also eine menschliche Form anzunehmen – war inzwischen so verbreitet, dass jeder Drache sie beherrschte. Und wer es nicht konnte, bekam eiligst einen Crashkurs verpasst oder wurde vom Orden des Heiligen Georg erlegt, jenem grauenvollen Drachenschlächterkult, dessen einziges Ziel unsere Vernichtung war.“ (32)