Roshani Chokshi, Die silbernen Schlangen
„Überlieferungen des Ordens zufolge war es mithilfe des Buche möglich, die Babelfragmente zusammenzufügen, daher kannte man es auch unter dem Namen Die göttliche Fügung. Waren die Fragmente einmal vereinigt, konnte man den Turm von Babel wiedererrichten und so zu göttlicher Macht gelangen.“ (S. 21)
Nach der Ermordung seines Bruders Tristan setzt Severin alles daran, um seine Freunde vor den Angriffen des „Gefallenen Hauses“ zu schützen. Das Buch „Die Göttliche Lyrik“, das auch „Die göttliche Fügung“ bekannt ist, verspricht ihm göttliche Kräfte, die Macht der Wiederauferstehung und damit Schutz vor allen Bedrohungen.
„Auf einmal war ein spitzer Schrei zu hören. Diesem folgten entsetzte Rufe und das Trillern einer Polizeipfeife. Kurz darauf drang das Echo aufgebrachter Stimmen in die Kammer. Was war da draußen geschehen? Schon war Melvin auf den Beinen, eilig in seine Schuhe geschlüpft und aus dem Fenster geklettert.“ (S. 8)
„»Ich bitte um Verzeihung, Erhaben Hoheit. Natürlich bin ich voller Vertrauen und Zuversicht, was die Mission betrifft, mit der mich unsere Königin betraut hat – Ruyans Grabstätte zu finden und seine Rüstung zu bergen. Aber ich gestehe, dass ich nicht begreife, was das der Königin oder ihrem Volk nützen soll.« »Es geht um die Hexenholzkrone«, sagte Pratiki, und jetzt war sein Ton streng. »Das wisst Ihr, Großmagister. Alles was wir tun, zielt darauf ab, die Hexenholzkrone wiederzuerlangen.« (S. 35)
„In seinem Traum stand sie über ihm. Er konnte sie nicht sehen, fühlte aber, dass sie da war, so kalt und kerzengerade wie eine Schwertklinge. Und er fühlte auch ihren gefährlichen Zorn, aber der schien nicht gegen ihn gerichtet – jedenfalls hoffte er das inständig. Der Wind ist zu stark, sagte sie. Er weht meine Worte zu mir zurück oder trägt sie davon ins Dunkel, das sie für immer verschluckt. Morgan wusste, dass er träumte und versuchte verzweifelt aufzuwachen …“ (S. 97)
Seit dem griechischen Gesellschaftsmodell „Sparta“ gibt es die Einrichtung des Internats. Darin werden Lernen, Freizeit und Schlaf gebündelt den Insassen an den Kopf geworfen in der Hoffnung, dass dadurch für die Betroffenen ein nützliches Maß an Allgemeinbildung abfällt. In der Literatur gehört folglich der Internatsroman zu einem wesentlichen Bestandteil der Gesellschaftsbeschreibung, die vielleicht in Robert Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ (1906) ihren kanonisierten Höhepunkt findet.
„Es war wie ein Albtraum – doch es passierte wirklich, selbst wenn es immer noch unvorstellbar war. Der Krieg hatte Europa erreicht. Wie ein gigantischer Waldbrand hatte er sich vom Nahen Osten aus von Land zu Land gefressen und die Weltmeere übersprungen – alle innerhalb weniger Stunden.“ (S. 9)
„An diesem Morgen wusste Paolo noch gar nicht, dass er König werden würde. Woher hätte er das auch wissen sollen? Er war ja nur ein ganz normaler 13-jähriger Junge, nicht besonders groß, mit Haaren, die ständig verstrubbelt waren, und der schlechten Angewohnheit, an seinen Fingernägeln herumzukauen, wenn er angestrengt nachdachte.“ (S. 7)
„Der Rauch von der Explosion folgte ihm die ganze Whitehall Street hinab. Während er so ging, wurde er Teil eines Trupps von Gespenstern. Das Ticken der Uhr spürte er ganz deutlich in der Hand. Er hätte sie Williamson geben sollen, hätte es tun müssen. Nur der Bombenbauer wusste genau, wann eine Bombe explodieren würde. Der Alarm war eingestellt gewesen, um ihn zu warnen.“ (S. 60)
Die Menschen im Haus hätten schon seit Stunden schlafen sollen, doch an Schlaf war in diesen furchtbaren Nächten nicht zu denken. Josie, die im Wohnzimmer auf dem Sofa saß, holte tief Luft, sprach ein kurzes Gebet und schlich zum Fenster, um einen Blick auf das Auto zu werfen. Schlingerte es wie üblich hin und her, oder hatte er es unter Kontrolle? War er betrunken, wie immer in diesen Nächten, oder hatte er nicht ganz so viel Alkohol intus wie sonst?
„»Nein, ich habe ihn gesehen, und zwar vor meinem Sturz. Es war schrecklich. Er war schrecklich. Ein vollkommen verschrumpeltes Gesicht mit kohlschwarzen Augen. Ich glaube, es war der rote Priester persönlich oder sein Geist. Ich glaube es war Pryrates.« »Sollte das nicht jemand wissen? Eure Großeltern oder Binabik?« »Nein.« Morgan klang felsenfest überzeugt. »Nein, es wäre das Schlimmste, was passieren könnte. Das Allerschlimmste.«“ (S. 47)