Erzählung

Arno Heinz, Orient Blues

h.schoenauer - 18.01.2019

arno heinz, orient bluesEin Sprichwort sagt: In echten orientalischen Büchern lässt sich das Firmament am Umschlag berühren.

Arno Heinz hat seinen „Orient Blues“ in einen Blues-farbenen Leinenumschlag gesteckt, worauf nach einer Architekturskizze des Autors das Firmament als Stadtplan eingeprägt ist. Arno Heinz ist bekannt für seine Architekturarbeiten rund um das Mittelmeer, als Philosoph ist er so etwas wie ein Raum-Aufweiter, und als Lebensprogramm hat er etwas geschafft, wovon die meisten Tiroler nicht einmal zu träumen wagen, er ist aus dem Gebirge hinausgekommen!

Rainer Juriatti, Die werten Herren

h.schoenauer - 03.01.2019

Rainer Juriatti, die werten herrenGute Essays haben eine Kraft, mit der sie die Leserschaft in den Ringkampf der Gedanken zwingen mit ungewissem Ausgang. Im Essay hat letztlich der Leser recht, wenn er sich mit den Argumenten des Textes auseinandergesetzt hat.

Rainer Juriatti greift die Unruhe auf, die anlässlich des Jahrhundertwahlkampfes um die österreichische Bundespräsidentschaft 2016 dem Land noch nie gehörte Floskeln und Argumentationen beschert hat. In einem Umhüllungsessay stellt der Autor seinen Umgang mit dem Stoff in Lektürenotizen und Assoziationen vor, ehe dann im Kern als Theatermonolog ein Delinquenten-Ich auftritt, das die „werten Herren“ fragt, wie sie zu so einer menschenverachtenden Haltung kommen.

Selma Mahlknecht, Das Weihnachtskänguru

h.schoenauer - 19.12.2018

selma mahlknecht, das weihnachtskänguruDas kennt man ja von den diversen Überraschungsbesuchen aus der Vorweihnachtszeit: der Korb mit der Schokolade ist schon voll und auch die Keksschüsseln stehen bereits im Badezimmer. Selbst auf dem Handy ist kein Platz mehr für eine Geschenks-App, sodass man sich spontan für das „Weihnachtskänguru“ als Mitbringsel entscheidet, das passt immer.

Selma Mahlknecht hat aus ihrem Buch von der Lebkuchenstraße die interessantesten Weihnachtsgeschichten ausgekoppelt und mit den Illustrationen von Armin Barducci zu einer kleinen Stimmungs-Aufhellung verpackt. In der Bilderwelt dürfen die Accessoires durchaus einmal eine kleine Schramme haben wie eine gebrauchte Weihnachtskugel, die Stimmung bleibt feierlich, auch wenn die einzelnen Schneeflocken sich erst die Hand reichen müssen für eine Schneedecke.

Hubert Flattinger, Kindheit in Hötting

h.schoenauer - 17.12.2018

hubert flattinger_kindheit in höttingJede Stadt hat eine sogenannte Ur-Zelle, die als besonders authentisch und ungebrochen gilt. In Innsbruck nimmt Hötting dieses Privileg in Anspruch, und tischt dabei eine besonders deftige Sprache auf, womit die Grundbedürfnisse des Menschen mit beinahe tierisch-einfachen Lauten abgedeckt werden können. Wer sich am Bahnhof Hötting ein Ticket ausdruckt, wird über das international anspruchsvolle „Hotting“ erstaunt sein, es geht zumindest am Bahnhof heute noch heiß her in diesem Stadtteil.

Der Kinder- und Jugendbuchautor Hubert Flattinger inszeniert seinen Rundgang durch den Stadtteil seiner Kindheit mit einem Erinnerungsflash. Er trifft auf ein altes Gesicht, unter dem der Freund aus Kindheitstagen Willi verborgen ist. Und Willi erkennt im gealterten Gesicht des Erzählers jenen Popi mit dem er einst durch alle Zaunlöcher Höttings geschlüpft ist.

Lucas Cejpek, Ein weißes Feld

h.schoenauer - 28.11.2018

lucas cejpek, ein weißes feldDer Selbstversuch gilt in Literatur und Forschung als das Tapferste, was jemand auf seinem Gebiet leisten kann. Es zeugt von viel Selbstvertrauen, Coolness und Optimismus, wenn jemand sein Ich in einem Selbstversuch zum Markt trägt.

Lucas Cejpek geht mit seinen Erzählprojekten, Romanen und Sprachstudien immer an die Grenze. Oft sind seine sprachlichen Versuchsanordnungen so kühn, dass er sie fürs erste niemandem zumuten will außer sich selbst. Im aktuellen Selbstversuch geht es allerdings um nichts Anderes als dieses „Weiß“, das in fast allen Sprachkonstellationen des Alltags steckt. Wie nun, wenn weiß etwas Beunruhigendes wäre? Dann brauchte man zumindest Detektoren, um es aufzuspüren.

Michael Köhlmeier / Monika Helfer: Der Mensch ist verschieden

h.schoenauer - 23.11.2018

Michael Köhlmeier und Monika Helfer, Der Mensch ist verschiedenWie alle Wirtschaften der Globalisierung und des Postkapitalismus leidet auch die Literaturwirtschaft unter zunehmender Brutalität.

Schriftsteller, die nicht ununterbrochen produzieren und etwas ausspucken, verschwinden genauso vom Markt wie Verlage, die etwas Überraschendes publizieren. So kommt es also vermehrt zur sogenannten Standby-Literatur. Dabei zeigen Verlage, dass sie nichts Neues vorhaben und jemandem im Leer-Programm noch immer die Stange halten, und die Autoren zeigen, dass sie noch am Leben sind.

Elias Schneitter, Moments of a biography...

andreas.markt-huter - 15.10.2018

elias schneitter, moments ...Wenn man sich durch die sieben Schichten des Titels durchgewühlt hat, ist man auf jeden Fall eines: Lesehungrig!

Elias Schneitter hat sein sagenhaftes Poetry-Monument vom abgetauchten Triestiner Schriftsteller Voghera ins Englische übersetzen lassen, um einerseits zu überprüfen, ob das Verschwinden auch in anderen Sprachen funktioniert, und um anderseits das amerikanische Erzählelement des großen Poems endlich in die geheime Originalsprache zu überführen.

Franz Josef Noflaner, Dichter Worte. Menschen Blicke

andreas.markt-huter - 12.10.2018

franz josef noflaner, dichter worteIn einer völlig erschlossenen, zivilisierten und geschäftlich austarierten Kunstwelt sind wir dann völlig fertig, wenn jemand auftaucht, der das Außenseitertum zur Kunst erhoben hat und auf alles pfeift.

Als Franz Josef Noflaner 1989 stirbt, geht er niemandem ab, das ist eigentlich das Übliche im Tiroler Kunst- und Literaturbetrieb. Aber als man dann das Werk exemplarisch 2017 in einem Schuber vorstellt, sind alle verblüfft. Im Textteil wimmelt es nur so von hermetischen Texten, die mit dem Vokabular des Talschlusses und dem Formelvorrat der Romantik massenweise Themen abhandeln und die dann entstehen, wenn nichts passiert. Im Bildteil stechen vor allem die Kugelschreiber-Bilder hervor, die als Vignetten ausgeführt von einem gewaltigen Zeitverbrauch bei der Entstehung der ausgekritzelten Flächen künden.

Peter Wurm, Sinnlos

h.schoenauer - 19.09.2018

Titelbild: Peter wurm, sinnlosWenn etwas nicht mehr weitergeht, seufzt meist jemand „sinnlos!“, und die Sache ist vorläufig vertagt.

Peter Wurm winkt dieses „sinnlos“ von Anfang an durch die Zeilen, die Erzählung ist so überdrüssig angelegt, dass sie jeder Zeit unterbrochen oder beiseitegelegt werden könnte. Und der Stoff ist bei näherem Hinsehen ebenfalls sinnlos, wiewohl er sich an historische und zeitgenössische Fakten hält.

Andreas Kurz, Der Blick von unten durch die Baumkrone in den Himmel

h.schoenauer - 12.09.2018

Titelbild: Andreas Kurz, Der Blick von unten durch die Baumkrone in den HimmelImmer wieder wird der Vergleich herangezogen, dass lesen eigentlich gehen bedeutet, wenn es um einen Zustand geht, der eigentlich ein Zoom ist.

Andreas Kurz „umschreibt“ eine Sommer-Wanderung von Wien nach Budapest. Aber es geht hier nicht um einen Routenplaner, einen Wanderführer oder historische Abrisse, wiewohl diese Elemente vorhanden sind, es geht um diesen Zustand, der beim Gehen entsteht und der sich transformieren lässt in jenen Text, der uns Leser in den Geh-Zustand versetzt. Nicht umsonst wird einmal Peter Handke zitiert.