Bernd Schönemann / Holger Thünemann, Schulbucharbeit

Ist das Schulbuch im Geschichteunterricht Leitmedium oder ungeliebtes Auslaufmodell und wer weiß eigentlich genau, wie mit dem Schulbuch in der Unterrichtspraxis umgegangen werden soll?

Bernd Schönemann und Holger Thünemann gehen der spannenden Frage nach dem Medium Geschichtslehrbuch nach, wie sich wahrscheinlich die wenigsten Lehrer bewusst gestellt haben. Dabei werden die Entwicklung und Konstruktion des Geschichtslehrbuchs näher erforscht und analysiert. Danach werden Ideen und Anregungen vorgestellt, mit denen die Arbeit im Schulbuch zu einer „motivierenden und abwechslungsreichen Lehr-Lernmethode im Geschichtsunterricht'' (7) werden kann.

Im ersten Kapitel wird der kritischen Frage nachgegangen: „Klassiker oder Auslaufmodell? Das Schulbuch als Leitmedium des Geschichtsunterrichts'' (9). Ausgehend von dem Aufsatz „Das Schulbuch der Zukunft'' von Waldemar Grosch aus dem Jahr 2001 gehen die Autoren Groschs Kritik an den aktuellen Schulbüchern nach, denen er die Vorteile alternativer digitaler Schulbücher gegenüber stellte. Mit einer Analyse der Entstehung von Schulbüchern werden die propagierten Vorteile digitaler Schulbücher unter Berücksichtigung der schulpolitischen Genehmigungsverfahren und der Betreuung der technischen Infrastruktur und der Software in Frage gestellt. Zunächst wird der Frage von Seiten der Produzenten und Kontrolleure des Schulsystems nachgegangen:

„Das statische Leitmedium Schulbuch kommt dem staatlichen Kontrollinteresse stärker entgegen als sein dynamisches elektronisches Pendant.'' (18)

In der weiteren Analyse beschäftigen sich die beiden Autoren mit der Frage nach einem guten Schulbuch mit den Wünschen der Lehrerinnen und Lehrer. Der Schulbuchmacher Hans Georg Kirchhof propagierte ein Schulbuch für routinemäßig verlaufende Lehr- und Lernprozesse, die sich mit einem überschaubaren Aufwand umsetzen lassen.

Das 2. Kapitel befasst sich mit Schulbuchforschung und stellt die wichtigsten Aspekte näher vor wie z.B. die historische Schulbuchforschung zu der rezeptionsgeschichtliche und ideologiekritische Untersuchungen von Schulbüchern ebenso gehören wie eine Geschichte der Geschichtsdidaktik und des historischen Lernens. Aber auch die internationale Schulbuchforschung sowie die didaktische Schulbuchforschung, die sich vor allem mit den Fragen und Problemen auseinandersetzt, die mit dem „Medium Schulbuch als historisches Lehr- und Lernmittel'' verbunden sind, werden ausführlich behandelt.

Im 3. Kapitel wird die Entwicklung und die Entstehung des Schulbuchtyps für den Geschichteunterricht aufgezeigt, beginnend mit der Katechese, die im Jahr 1723 veröffentlicht worden war bis zum kombinierten Lern- und Arbeitsbuch der jüngsten Gegenwart, mit all ihren unterschiedlichen Schwerpunkten sowie Stärken und Schwächen. Hervorgehoben werden bilaterale Schulbücher, die sich speziell der übernationalen und völkerverständigenden Geschichtsbetrachtung verschrieben haben.

Das Kapitel „Bausteine: Das Schulbuch als Kompaktmedium'' beschreibt das moderne Schulgeschichtsbuch als „Multi-Media-Pakete'', die sich aus „zahlreichen verschiedenen visuellen und schriftlichen Quellen und Darstellungen, Lernimpulsen und anderen Gestaltungselementen zusammensetzen.'' (81) Vor allem in jüngster Zeit ist dabei das Angebot an Methoden immer umfangreicher geworden. Im Folgenden wird der Aufbau der Schulbücher kurz vorgestellt wie die „Auftaktdoppelseiten'', „der Verfassertext'', „Die Bausteine des Arbeitsteils'' aber auch jene Elemente die über die Texte hinausgehen wie z.B. Layout, Register oder Methodenteile.

Im 5. Kapitel wird dem Weg des Schulbuchs vom Verlag auf den Schultisch nachgegangen, ausgehend von den unterschiedlichen Zielgruppen, hin zur Schulbuchentwicklung, der Zulassung des Buchs, der Vermarktung und dessen Einführung in den Unterricht.

Das 6. Kapitel hat die Schulbuchauswahl und die Unterrichtsplanung zum Thema. Dabei wird gezeigt, welche Kriterien bei der Auswahl von Schulgeschichtsbüchern zu berücksichtigen sind, wenn es um die grundsätzliche Auswahl der für den Unterricht zu verwendenden Bücher geht. Aber auch bei der Vorbereitung der einzelnen Unterrichtseinheiten ist eine Analyse des jeweiligen Schulbuches notwendig und müssen bestimmte Fragen beantwortet werden, wie z.B.

Eignet es sich zur Vermittlung der ausgewählten Inhalte? Ist es zweckmäßig zur Erreichung der angestrebten Ziele? Und korrespondiert es mit den geplanten Lern- und vor allem Lehrmethoden? (125)

Im umfangreichen abschließenden Kapitel „Qualifikationen und Figuren: Lehr-lernmethodische Formen des Schulbucheinsatzes im Geschichtsunterricht'' wird vor allem der praktische Einsatz des Geschichtsschulbuches im Unterricht in den Mittelpunkt gestellt, also:

Wie lässt sich das Schulgeschichtsbuch auf methodisch motivierende Weise im Unterricht einsetzen? Und wie lassen sich mit seiner Hilfe reflektierte historische Lernprozesse erfolgreich initiieren? (135)

Schönemanns und Thünemanns Buch zum Geschichtslehrbuch in der Unterrichtspraxis bietet eine überaus hilfreiche und anregende Einführung in das Thema Schulbuch im Geschichteunterricht, das sicherlich den größten Teil der Lehrerinnen und Lehrer im Fach Geschichte betrifft. Vor allem die historische und theoretische Annäherung an das Thema zeigt auf, wie und unter welchen Rahmenbedingungen Geschichtsschulbücher entstehen und entstanden sind. Aber auch die methodische und didaktische Analyse weist den modernen Geschichtsschulbüchern den qualitativen Stellenwert zu, den sie in quantitativer Hinsicht aufgrund ihres Einsatzes im Unterricht schon immer hatten.

Schulbucharbeit ist eine überaus anregende, fundierte und facettenreiche Auseinandersetzung mit dem Geschichtsschulbuch das außerdem wertvolle Hilfen für den gezielten didaktischen Einsatz der Schulbücher im Geschichtsunterricht bietet. Ein überaus empfehlenswertes Buch zur Geschichtsdidaktik, das allen Lehrerinnen und Lehrern des Unterrichtsfaches Geschichte empfohlen werden kann.

Bernd Schönemann / Holger Thünemann, Schulbucharbeit. Das Geschichtslehrbuch in der Unterrichtspraxis, aus der Reihe: Methoden historischen Lernens
Schwalbach: Wochenschau-Verlag 2010, 15,30 €, 208 Seiten, ISBN: 978-3-89974592-4

 

Weiterführender Link:
Wochenschau-Verlag: Bernd Schönemann / Holger Thünemann, Schulbucharbeit

 

Andreas Markt-Huter, 03-10-2011

Bibliographie

AutorIn

Bernd Schönemann / Holger Thünemann

Buchtitel

Schulbucharbeit. Das Geschichtslehrbuch in der Unterrichtspraxis

Erscheinungsort

Schwalbach

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Wochenschau-Verlag

Reihe

Methoden historischen Lernens

Seitenzahl

208

Preis in EUR

15,30

ISBN

978-3-89974592-4

Kurzbiographie AutorIn

Dr. Bernd Schönemann ist Professor für Didaktik der Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Geschichtskultur an der Universität Münster.

Dr. Holger Thünemann ist Studienrat am Institut für Didaktik der Geschichte an der Universität und Gymnasiallehrer in Münster.