Hans Moser, Wörterbuch der Südtiroler Mundarten

Wenn man einem Außerirdischen die gebräuchlichste Form der Kommunikation erklären wollte, müsste man zuerst das Gesprächsgegoogle erklären. Jemand beginnt einen Satz, weiß aber nicht, was das nächste Wort bedeutet, googelt es, und setzt dann mit dem Satz fort. Ähnlich reagieren manche Zeitgenossen, die besonders mundartlich unterwegs sind, sie beginnen den Satz, schlagen im Taschenmundartbuch nach, wie das nächste Wort am besten klingt, und sprechen es dann aus.

In der Zeit der Globalisierung erleben Regionalismen und lokale Eigenheiten eine neue Blütezeit. Besonders beliebt sind dabei ausgestorbene Wörter, die man als semantische Schnäppchen durch die Konversation trägt. Die lokalen Heroen Dolomiten und ORF-Tirol haben jetzt das Wörterbuch der Südtiroler Mundarten herausgebracht, damit beim Anwenden der Mundart die Trefferquote richtiger Bedeutungen steigt.

Der sogenannte „Mundart-Moser“, wie das Lexikon anerkennend genannt wird, bringt nur Wörter zum Vorschein, die sonst nicht erfasst sind. Da das Werk vor allem Selbstbewusstsein und Fröhlichkeit vermitteln soll, sind die etymologischen Ableitungen und Spezialitäten der Lautschrift zugunsten leichter Lesbarkeit aufgegeben. Dabei wird ein simples Wort wie „Stoa“ für Stein in jedem Tal anders ausgesprochen. Das Lexikon nimmt oft einen akustischen Durchschnittswert eines Wortes her, um es schriftlich darzustellen.

Und tatsächlich blättert man sich durch die Wort-Orgien und stößt auf Südtiroler Spezialitäten, die entweder auf historische Ereignisse zurückgehen, „Dableiber“, oder die Mehrsprachigkeit nachahmen, „Fackeletti“ für Schweindl etwa.

In der Hauptsache sind es Alltagssituationen, die die Südtiroler Mundarten zur Höchstform auflaufen lassen, „Altertum“ für alte Gegenstände, „ausgschamt“ für überhöhte Forderungen, „Heifetzer“ für einen kurzen Regen, „hoach gschissen“ für eingebildet, „orschig“ für schlecht gelaunt.

Auch das mittlerweile als Kultwort ausgezeichnete „zach“ für mühsam hat, seit eine berühmte Lokalpolitikerin unter diesem Namen ein Programm entworfen hat, ungebremsten Zuspruch. Ein Heuler sind natürlich wie in jeder Mundart die erotischen Schlenzer, die das Gedankengut Tag und Nacht durchziehen. „Der Brunzer“ beschreibt dabei schlicht den Penis, der aber erst als ganzer Satz seine volle Wirkung ausfährt: „Hau ab mit deinem Brunzer!“ Und auch die Verbindung Bumser und bumsen hat nirgendwo auf der Welt einen so politischen Tiefgang erfahren wie in der Südtiroler Gesprächsmelange.

Fachausdrücke und weiterführende Literatur sind genauso diskret angegeben wie die Absicht des Buches, nämlich Freude am Reden zu befördern. - Ein vergnügliches Taschenlexikon, bei dem man wie von selbst ins Reden kommt.

Hans Moser, Wörterbuch der Südtiroler Mundarten. In Zusammenarbeit mit Robert Sedlaczek.
Innsbruck: Haymon Verlag 2015 ( = TB 206), 367 Seiten, 14,90 €, ISBN 978-3-7099-7838-2

 

Weiterführende Links:
Haymon Verlag: Hans Moser, Wörterbuch der Südtiroler Mundarten
Wikipedia: Hans Moser

 

Helmuth Schönauer, 26-01-2016

Bibliographie

AutorIn

Hans Moser / Robert Sedlaczek

Buchtitel

Wörterbuch der Südtiroler Mundarten

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Haymon Verlag

Reihe

TB 206

Seitenzahl

367

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-7099-7838-2

Kurzbiographie AutorIn

Hans Moser, geb. 1939 in Thiersee, lebt in Innsbruck.