Norman T. Grant, Das Loch in der Wand

Spätestens seit der Geschichte mit dem tragbaren Loch von Paulchen Panther wissen wir, dass ein Loch in der Wand immer Ungemach bedeutet.

In Norman T. Grants Erzählung fängt es dann auch recht unauffällig an, obwohl immer etwas Seltsames in der Luft liegt, wenn sich ein Schriftsteller in einem Häuschen einrichtet, um darin zu schreiben. Schriftsteller Thimm hat sich allerhand Macken zugelegt, damit er das Schreiben aushält, andererseits ist er dadurch sozial ziemlich unverträglich geworden.

Nach einem kurzen Schreib-Erfolg kann er sich jetzt ein Häuschen leisten, dessen Vormieter über Nacht verschwunden ist.

Thimm ist äußerst abergläubisch und schreibt immer nur in der Nacht. Bald stören ihn seltsame Geräusche, es klingt nach kaputten Rohren, aber hinter der Wand sind weit und breit keine Leitungen verlegt.

Die Geräusche treiben den Schriftsteller schier in den Wahnsinn, er bohrt ein Loch, um der Sache nachzugehen, findet aber nur schwarze Materie vor. Und noch schlimmer, am Morgen ist das Loch verschwunden. Als er ein neues, größeres Loch bohrt, lockt ihn das Nichts, durch das Loch zu steigen. Und siehe, es tut sich eine neue Welt auf ohne Grenzen und Anhaltspunkte. In der Dunkelheit geht der Schriftsteller schließlich verloren. Er schreit noch eine Weile mit sich selbst herum, ehe alles wieder ins Unauffällige verfällt.

Das Besitzerpaar auf der anderen Seite des Lochs vermietet das Haus erneut, als wäre es das normalste der Welt, dass darin die Mieter verloren gehen.
Nicht nur weil ein Schriftsteller den unglücklichen Helden gibt, auch wegen der Antimaterie hinter dem Loch und der Selbstverständlichkeit, wie Realität entsteht, gilt diese Erzählung als Parabel für das Schicksal in der Literatur.

Jeder geht in seinem persönlichen Loch verloren, die Welten haben nichts miteinander zu tun, Sinn für die Literaturmanager ist das Verschwinden ihrer Komparsen, damit immer wieder neue Schreiber-Ressourcen abgeschöpft werden können.

Die Zeichnungen von Diana Deu fördern das Jenseitige hinterm dem Loch zutage, mal als Ausriss einer Psyche, dann wieder als verformtes Antlitz oder als abgedrehten Traum mit einer Krähe. Zwischen Koma und Komplementärmenge der Realität zucken die Bilder hin und her, ehe sie sich selbst von der Wand nehmen.

Norman T. Grant, Das Loch in der Wand. Erzählung. Illustriert von Diana Deu. A. d. Amerikan. von H. R. Tomki.
Innsbruck: Kyrene 2013. 41 Seiten. EUR 6,90. ISBN 978-3-902873-19-4.

 

Weiterführender Link:
Kyrene-Verlag: Bücher

 

Helmuth Schönauer, 03-04-2013

Bibliographie

AutorIn

Norman T. Grant

Buchtitel

Das Loch in der Wand

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Kyrene-Verlag

Illustration

Diana Deu. A

Übersetzung

H. R. Tomki

Seitenzahl

41

Preis in EUR

6,90

ISBN

978-3-902873-19-4.

Kurzbiographie AutorIn

Norman T. Grant, geb. 1957 in Danville / USA, von wo er nie weggekommen ist.<br />Diana Deu lebt und arbeitet, in Wien und Graz.