Peter Henisch, Suchbild mit Katze

Eine Katze ist nach wie vor das ideale Haustier, weil sich eine Profi-Katze nur sehen lässt, wenn seine Besitzer es wollen.

In Peter Henischs Roman „Suchbild mit Katze“ wimmelt es nur so von Katzen, die quer durch das Leben des Erzählers auftauchen. Bei allen Ereignissen ist eine Katze da, aber man sieht sie nur selten. Bald erhärtet sich der Verdacht, dass die Katzen nur ein handfestes Erinnerungsmittel sind, das sich streicheln und ansprechen lässt, das aber flugs um die Ecke springt, um ein neues Beobachtungskapitel zu eröffnen.

Beobachtet wird viel, denn das Leben ist letztlich nur ein Stück Am-Fenster-Stehen und Hinausschauen.

All die Fenster, aus denen ich schon geschaut habe. (10)

Völlig unkompliziert tauchen beim „Fensterln“ die Fetzen der Vergangenheit auf. Die erste Kinderfreundschaft mit der Hausmeistertochter, die Kriegsschäden, wo manch eine Wohnung noch im Parterre ein Zimmer hat, wenn dieses durch einen Treffer in die Tiefe gebombt worden ist, der Großvater, der mit seiner Lok tatsächlich beim Vorbeifahren pfeift.

Schöne Stunden türmen sich auch hinter den Bauklötzen auf, mit denen man all das aufbauen kann, was gerade in Trümmern liegt. Wenn so ein Spielzeugturm umfällt, gibt es Trost.

Macht nichts, ich les dir was vor. (75)

Vater ist Pressefotograf und bringt manchmal Bilder mit, auf denen die Weltgesichter des nächsten Tages zu sehen sind. Der Ich-Erzähler wagt sich spielerisch auf das journalistische Parkett und verfasst sein erstes Buch, oder zumindest das Schildchen dafür. „Peter Henisch: Die Geschichte einer Schiffskatze“. In der Schule wechselt man die Bilder der Bundespräsidenten aus, der eine ist gestorben, den anderen hat der Vater fotografiert.

Immer sind Katzen da, als es einmal hinaus aufs Land geht, hat auf einem Bauernhof eine Katze geworfen und jemand meint: „Wir haben Katzen zum Saufüttern.“ Der obligate Aufsatz, was ich einmal werden möchte, ist beileibe nicht so aufregend wie Karl May, der jahrelang das Maß aller Phantasie ist.

Manchmal scheint bei der Erinnerung ein Zettel übrig geblieben zu sein, vielleicht hat ihn gar der Wind durch das Beobachtungsfenster geblasen. Darauf sind kleine Reisen vermerkt, Prag, New Orleans, Orte wie aus dem Kupferstichkabinett der Literatur. Aber diese Ausflüge sind nichts gegen die Fensterblicke unterstützt von einer Katze. Ein Leben lang bleibt der erzählende Peter ein Kind, sogar vom Jahr 2000 ist ihm nur der Film aus den fünfziger Jahren in Erinnerung und nicht das echte Jahr. Wer weiß, ob das überhaupt stattgefunden hat.

Peter Henisch schaut und schaut, die Einbahnstraße geht immer noch in die richtige Richtung, Sonnenstrahlen kommen auf, aber erst gibt es einmal ein Frühstück. Im Rechtschreibprogramm ist das Wort „belesen“ nicht vorgesehen und ist ständig rot unterwellt. Das ist die einzige Trübung dieser hellen Katzengeschichte der ewigen Kindheit.

Peter Henisch, Suchbild mit Katze. Roman
Wien: Zsolnay Verlag 2016, 208 Seiten, 20,60 €, ISBN 978-3-552-06327-3

 

Weiterführende Links:
Zsolnay Verlag: Peter Henisch, Suchbild mit Katze
Wikipedia: Peter Henisch

 

Helmuth Schönauer, 06-11-2016
 

Bibliographie

AutorIn

Peter Henisch

Buchtitel

Suchbild mit Katze

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Zsolnay Verlag

Seitenzahl

208

Preis in EUR

20,60

ISBN

978-3-552-06327-3

Kurzbiographie AutorIn

Peter Henisch geb. 1943 in Wien, lebt in Wien.