Peter Rosei, Die Globalisten

Manche Typen der Weltgeschichte sind so diffus und amorph, dass sie nur über den Umweg der Fiktion eingefasst und sichtbar gemacht werden können. Die Globalisten sind etwa Menschen, die überall am Globus auftauchen aber naturgemäß immer an der Oberfläche der Kugel bleiben.

Peter Rosei setzt den Mittelpunkt der Welt österreichisch-monarchisch zwischen Wien und dem Ausseerland an, zwischen diesen Polen pendelt auch eine der Hauptfiguren je nach emotionaler Tagesverfassungen hin und her.

Mal gilt es eine Freundin in der Villa zu trösten, dann muss man geschäftlich schnell nach Wien, wo schon die diffusen Geschäftsströme zu allen Metropolen ausgelegt sind. Ein Anbahnungsgespräch in einem noblen Ambiente hört sich für einen verbeihuschenden Kellner so an:

Ich habe beste Beziehungen rund um die Kugel. Nach Russland und Asien speziell, aber auch nach Afrika. In meinen Augen sind Neger auch Menschen. (38)

Den Mittelpunkt eines losen Kreises, der sich teils in den Vorstädten Wiens teils auf diversen Anlegerpartys mit östlichen Oligarchen kennengelernt hat, ist Josef Maria Wassertheurer, ein Dichter. Sein Konzept erklärt er am liebsten brühwarm nach dem Geschlechtsverkehr:

Das Wichtigste beim Schreiben, beim Dichten, das Wichtigste, weißt du, ist, was man weglässt. - Aber zuerst muss man doch was haben, von dem man was weglassen kann! (25)

Dieser Dichter lässt sich von Projekt zu Projekt schwemmen, allem glaubt er seinen Stempel aufdrücken zu können. In Wirklichkeit wird er von den Geschäftsfreunden von einer Geschichte in die nächste gejagt, es gibt keine Spielregeln, nur das ständig sich Vernetzen mit irgendeinem Typen am anderen Ende des Netzes.

Diese halbseidene Welt der Globalisten bewegt sich außerhalb der Gesetze, schnell wird jemand abserviert und beiseite gebracht. Es sind ununterbrochen zwei Teams unterwegs, eines zum Akquirieren von Geschäften und ein anderes, das permanent liquidiert.

So hat der Roman keinen Anfang und kein Ende, er zeigt das perspektivlose Treiben von Figuren in einer Masse aus nichtssagenden Events. Die sogenannte Welt hat sich aufgelöst und ist zu einem Touchscreen in Globusform geworden.

Die Parallelschaltung der muffigen österreichischen Welt der Erben und Adabeis mit der postkapitalistischen Welt der Oligarchen und Schnellanleger zeigt, dass beide Illusionsformen am Ende sind. In Österreich hat sich eine Szene entwickelt, die sich ähnlich der Monarchie vor hundert Jahren dem eigenen Ende entgegenschnauft. In der internationalen Welt haben sich alle Gesetzmäßigkeiten zu einer Cloud verformt, in die Wichtigtuer ihre Geschäfte verschieben oder aus der sie ihre Aufträge herunterladen.

Peter Rosei lässt die Figuren in einem nichtssagenden Ton miteinander näseln, aber auf jeder Seite knistert es morbid und faul. – Eine scharfe Satire im rosaroten Ton eines Punschkrapferls! Perfekt österreichisch.

Peter Rosei, Die Globalisten. Roman.
St. Pölten: Residenz Verlag 2014. 154 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-7017-1633-3.

 

Weiterführende Links:
Residenz Verlag: Peter Rosei, Die Globalisten
Wikipedia: Peter Rosei

 

Helmuth Schönauer, 07-07-2014

Bibliographie

AutorIn

Peter Rosei

Buchtitel

Die Globalisten

Erscheinungsort

St. Pölten

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Residenz Verlag

Seitenzahl

154

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-7017-1633-3

Kurzbiographie AutorIn

Peter Rosei, geb. 1946 in Wien, lebt in Wien.