Philippe Djian, Die Leichtfertigen

Manchmal kann man sich im Leben noch so anstrengen und man erreicht nichts als eine Kategorisierung, die womöglich noch falsch ist. Die „Leichtfertigen“ versuchen in ihrer Art ein Leben zu verwirklichen, das leicht ausschaut, bei genauerem Hinsehen aber verdammt anstrengend sein kann.

Francis darf im Roman von Philippe Djian als Erfolgstyp auftreten, der in einer guten Gegend wohnt, genug Kohle macht und auch noch Herr seiner selbst ist. Er ist nämlich ein erfolgreicher Schriftsteller, der sich fallweise auch den Verlag selbst aussuchen kann. Die Story beginnt mit einem Ereignis, das jeden gewöhnlichen Menschen wahrscheinlich aus der Bahn werfen würde. Die Tochter ist verschwunden und offensichtlich entführt worden.

Der Ich-Erzähler Francis freilich hat schon viele dieser Situationen durchgespielt, sei es als Schriftsteller oder „in stantu“, sodass er scheinbar völlig abgeklärt in die neue Situation eintritt, dass er die Enkel-Zwillinge übernehmen muss, bis etwas Klarheit auftaucht.

Vielleicht ist Francis auch deshalb so pseudo-stark, weil er bei einem Autounfall schon einmal die gesamte Familie verloren hat. Einzig die Tochter ist ihm geblieben und macht ihm seither das Leben schwer, verschwindet dauernd, kratzt immer am Gefängnis vorbei und hat auch zu den Drogen ein gutes Verhältnis, immerhin ist ihr Mann Junkie auf Abruf.

Aber auch die neue Frau macht Francis zu schaffen, sie ist zwar das Duplikat der alten, hat aber sicher viele Lovers auf dem Kerbholz. So arrangiert er eine ehemalige Schulkollegin, damit sie als Privatdetektivin zumindest ein paar Anhaltspunkte für Storys liefert. Sie aber schickt nur den drogensüchtigen Sohn, der seinen Hund verloren hat, und so weiter.

Der Reiz der Geschichte besteht darin, dass unter dem Vorwand, das Leben easy zu nehmen, ständig Stress und Ungemach passieren. Je gewappneter sich die Helden zeigen, umso mehr werden sie vom Leben hergenommen, während sie dadurch schon wieder das nächste Gegenmittel für einen Angriff auf die eigene Gegenwart entwickeln.

Die Leichtfertigen geben einen recht „kultigen“ Einblick in eine Gesellschaft, die reich neben uns lebt, die wir aber nicht unbedingt erreichen wollen. Der Roman zeigt ein Lebensprogramm, das vermutlich in allen Gesellschaften auftaucht: Was passiert, wenn man sich wirklich um nichts mehr kümmern muss, nicht einmal um sich selbst? Die Figuren in ihrem leichten Drang greifen nach uns stabilen Lesern und nehmen von uns Ratschläge entgegen, die wir lachend während der Lektüre erfüllen. - Eine schöne Art, die Grenzen des Lebens zu umrunden.

Philippe Djian, Die Leichtfertigen. Roman. A. d. Franz. von Uli Wittmann. [Orig.: Impardonnables, Paris 2009].
Zürich: Diogenes 2011. 217 Seiten. EUR 21,50. ISBN 978-3-257-06774-3.

 

Weiterführende Links:
Diogenes-Verlag: Philippe Djian, Die Leichtfertigen
Wikipedia: Philippe Djian

 

Helmuth Schönauer, 10-08-2012

Bibliographie

AutorIn

Philippe Djian

Buchtitel

Die Leichtfertigen

Originaltitel

Impardonnables

Erscheinungsort

Zürich

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Diogenes-Verlag

Übersetzung

Uli Wittmann

Seitenzahl

217

Preis in EUR

21,50

ISBN

978-3-257-06774-3

Kurzbiographie AutorIn

Philippe Djian, geb. 1949 in Paris, lebt in Biarritz.