Thomas Winkelbauer u.a., Geschichte Österreichs

„Jede »Geschichte Österreichs« ist letzten Endes ein Konstrukt, ein Konstrukt freilich, das die Österreichhistoriker nicht nur den historisch wissbegierigen Österreicherinnen und Österreichern, sondern allen an der Geschichte Europas und Österreichs in Europa Interessierten schuldig sind.“ (31)

Die „Geschichte Österreichs“ spannt den historischen Bogen von der römischen Herrschaft, 15 v. Chr., bis in die unmittelbare Gegenwart der 2. Republik im Jahr 2015. Dabei wird den Leserinnen und Lesern anschaulich vor Augen geführt, wie sehr sich die politische Landschaft eines geographischen Raumes im Laufe von zwei Jahrtausenden verändert hat.

Eine Geschichte Österreichs steht zunächst vor der schwierigen Aufgabe, grundsätzlich festzulegen was unter „Österreich“ im Laufe der wechselvollen Geschichte und der zahlreichen Veränderungen der politischen Grenzen eines Landes mit dieser Bezeichnung zu verstehen ist. Während Österreich nach dem Ersten Weltkrieg weitgehend die Grenzen der Gegenwart wiederspiegelt, werden unter Österreich vor dem Ersten Weltkrieg all jene Regionen mit einbezogen, die von Gebieten des heutigen Staates aus „beherrscht oder jedenfalls maßgeblich beeinflusst wurde“ (13).

Auch der Österreichbegriff hat im Laufe der Zeiten zahlreiche Veränderungen erfahren. Neben den ältesten Bezeichnungen „Ostarrichi“ und „Austria“ waren die Bezeichnungen „das Land Österreich und das Land ob der Enns“ ebenso in Verwendung wie z.B. das „Haus Österreich“, „Monarchia Austriaca“, „Kaisertum Österreich“, „Österreichisch-Ungarische Monarchie“, „Republik Deutsch-Österreich“, „Ostmark“ und „Republik Österreich“.

Walter Pohl setzt sich im Kapitel „Von der römischen Herrschaft bis zur Karolingerzeit (15 v. Chr. bis 907) mit den Anfängen der Geschichte auf dem Gebiet des heutigen Österreich auseinander. Christian Lackner behandelt im Kapitel „Die Länder und das Reich (907–1278)“ die Geschichte Österreichs und die Entstehung der Länder Steiermark, Kärnten, Tirol, Salzburg und Oberösterreich im Mittelalter in der Zeit vor der Übertragung Österreichs an die Habsburger. Das folgende Kapitel „Vom Herzogtum Österreich zum Haus Österreich (1278–1519) erstreckt sich bis zum Ende des Mittelalter und zeigt den rapiden Macht- und Territorialzuwachs Österreichs während dieser Epoche.

Im Kapitel „Die Habsburgermonarchie vom Tod Maximilians I. bis zum Aussterben der Habsburger in männlicher Linie (1519–1740) beschreibt Thomas Winkelbauer die Entstehung der Habsburgermonarchie bis zu den Anfängen der Aufklärung, ein Zeit zwischen Reformation und Gegenreformation, Bauernaufständen und Religionskriegen.

Brigitte Mazohl stellt im Kapitel „Vom Tod Karls VI. bis zum Wiener Kongress (1740–1815)“ die Geschichte Österreichs vom Zeitalter der Aufklärung unter Maria Theresa und Josef II. bis zum Ende der napoleonischen Kriege vor. Im Kapitel „Die Zeit zwischen dem Wiener Kongress und den Revolutionen von 1848/49“ beschreibt sie den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Wandel im Kaiserreich Österreich und im Kapitel „Die Habsburgermonarchie 1848–1918“ werden die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen von der März Revolution bis zum Untergang der Österreichisch-Ungarischen Monarchie dargelegt.

Oliver Rathkolb spannt in den beiden abschließenden Kapiteln „Erste Republik, Austrofaschismus, Nationalsozialismus (1918–1945)“ und „Die Zweite Republik (seit 1945) schließlich den geschichtlichen Bogen von den Anfängen der Ersten Republik bis in unsere unmittelbare Gegenwart.

Im Anhang des Buches findet sich neben den Stammtafeln der Habsburger ein ausführliches Literaturverzeichnis zur allgemeinen Geschichte Österreichs ebenso wie zu den einzelnen Teilkapiteln sowie eine umfangreiche Ortsnamenkonkordanz und ein großes Personenregister.

„Die Geschichte Österreichs“ bietet zunächst einmal auch Nicht-Historikern einen kompakten Überblick über die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ereignisse und Veränderungen in Österreich im Laufe der Jahrhunderte. Dabei werden die Leserinnen und Leser nicht nur mit Geschichtserzählungen konfrontiert sondern ebenso mit der Problematik des geschichtstheoretischen Umgangs mit einem ständig wechselnden historischen und geographischen Raum vertraut und bewusst gemacht. Damit wird Geschichte ebenso wie die Begriffe Nation oder Staat als historisches Konstrukt offengelegt und kritisch thematisiert.

Das überaus empfehlenswerte Sachbuch zur österreichischen Geschichte bietet interessierten Leserinnen und Lesern einen wissenschaftlich fundierten und von Experten verfassten Überblick und Einblick in die Geschichte Österreichs. Der übersichtlich strukturierte Aufbau und die verständliche kompakte Darstellung spricht ein breites Publikum ebenso an wie historisch bewanderte Leserinnen und Leser.

Thomas Winkelbauer / Brigitte Mazohl / Walter Pohl / Oliver Rathkolb / Christian Lackner, Geschichte Österreichs, 2. Aufl.
Stuttgart: Reclam Verlag 2016, 635 Seiten, 29,90 €, ISBN 978-3-15-011088-1

 

Weiterführende Links:
Reclam Verlag: Thomas Winkelbauer u.a., Geschichte Österreichs
Wikipedia: Thomas Winkelbauer
Wikipedia: Brigitte Mazohl
Wikipedia: Walter Pohl
Wikipedia: Oliver Rathkolb
Wikipedia: Christian Lackner

 

Andreas Markt-Huter, 18-07-2017

Bibliographie

AutorIn

Thomas Winkelbauer / Brigitte Mazohl / Walter Pohl / Oliver Rathkolb / Christian Lackner

Buchtitel

Geschichte Österreichs, 2. Aufl.

Erscheinungsort

Stuttgart

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Reclam Verlag

Seitenzahl

635

Preis in EUR

29,90

ISBN

978-3-15-011088-1

Kurzbiographie AutorIn

Der österreichische Historiker Thomas Winkelbauer ist Universitätsprofessor an der Universität Wien und Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung.<br />Brigitte Mazohl ist ordentliche Professorin für Österreichische Geschichte am Institut für Geschichtswissenschaften der Universität Innsbruck und Präsidentin der phil.-hist. Klasse an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.<br />Der österreichische Historiker Walter Pohl ist Professor für Geschichte des Mittelalters und Historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien.<br />Der österreichische Historiker Oliver Rathkolb ist Universitätsprofessor für Zeitgeschichte an der Universität Wien.<br />Christian Lackner  ist ein österreichischer Historiker und Diplomatiker.