Gedichte sind oft extremen Zeitangaben ausgesetzt, zum einen handeln sie von der Flüchtigkeit des Augenblicks, zum anderen von der in Worten nicht zu fassenden Ewigkeit.

Claudia Wisiol spannt ihre Gedichte in den Schraubstock extremer Zeiten und dehnt und verdichtet sie zu lyrischen Texten, die im Schriftbild die Auswirkungen dieser Verformungen zeigen. So sind viele Gedichte an der Mittelachse zusammengeschliffen und erscheinen wie eine semantische Feile, andere wiederum stellen die Unordnung dar und die Wörter sind dementsprechend ausgeschüttet wie Kleinspielzeig auf dem Teppich, ab und zu greift das Schriftbild die inhaltliche Bewegung auf und geht in Wellen über.

„Luther war ein Streiter mit dem Wort und für die Worte Gottes, wie er sie in der Bibel las. Er schlug einen völlig anderen Weg ein. Und er ging diesen Weg entschlossen zu Ende, auch als er erkannte, dass dieser vielleicht zu seinem gewaltsamen Tod und auch dem vieler anderer Menschen führen würde.“ (7)

Das Jahr 1517 ging mit dem berühmten Anschlag von Martin Luthers 95 Thesen an der Tür der Schlosskirche in Wittenberg als Beginn der Reformation in die europäische Geschichte ein. Das Kinder- und Jugendsachbuch „Martin Luther. Die Freiheit des Wortes und das Lauffeuer der Reformation“ erzählt das Leben des Reformators aus seiner eigenen Sicht, ergänzt durch erläuternde Sachkapitel zum geschichtlichen Umfeld.

Süffisant verweisen Patrioten darauf, dass es in Tirol kaum Boulevard-Journalismus gibt, weil in diesem Land nur hochqualifizierte Journalisten in hochqualifizierten Medien für ein hochqualifiziertes Publikum schreiben.

Andreas Wiesinger nimmt für die „Boulevardzeitungen im crossmedialen Vergleich“ deshalb acht Zeitungen ins Visier, unter anderem „Bild“, „Blick“, „Heute“ und „Kronenzeitung“, um erstens auszumachen, wie populärer Journalismus funktioniert, und zweites abzuchecken, wie sich das Boulevard das neue Medium Online unter den Nagel reißt.

Herr Schmidt ist Koch und zeigt, dass sein Beruf auch akrobatische Facetten aufweist, wenn er als Kenner seines Fachs mit gekonntem Pfannenwurf die Omelette in der Luft wendet.

Zweiunddreißig verschiedene Berufsbilder können die jungen Leserinnen und Leser in Thomas Müllers buntem Sachbilderbuch entdecken, die vom Koch, über Musiker, Friseur und Schneider bis zur Pilotin reichen und mit dem Kellner den kulinarischen Bogen wieder schließen.

Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens haben die meisten in Europa gestaunt, wie viele Nationalitäten und Staaten in diesem wundersamen Tito-Staat versteckt gewesen sind. Aber auch die ehemaligen Bewohner sind über Nacht in einen anderen Staatszustand versetzt worden, in dem sie sich immer noch mit ihren Geschichten einrichten müssen.

Goran Vojnovic nimmt für seine Heimat- und Identitätssuche eine klassische Zauberformel: Der Vater wird für tot erklärt und alles ist erklärt. In „Vaters Land“ freilich hält dieser Zauberbann nur eine gewisse Zeit, der Ich-Erzähler googelt wie alle Menschen seine Vorfahren aus, und siehe da, der Vater ist bloß untergetaucht, nachdem man ihm ein Massaker in einem Dorf unterstellt hat.

„Einst hatten die Zwerge unter den Menschen gelebt. Hand in Händchen hatten sie friedlich mit ihnen zusammengearbeitet und das karge Land in den Bergen in eine wahre Oase verwandelt.“ (29)

Der 16-jährige Theodor soll als Thronfolger in die Fußstapfen seines Vaters, König Dietrich treten, ist aber für sein Alter zu klein, um irgendwann einmal die Rüstung seines Vaters zu tragen. Verzweifelt kämpft Theo um die Anerkennung des Königs und setzt sich selbst den Qualen der Streckbank aus, in der Hoffnung ein paar Zentimeter zu wachsen, um endlich an einem Ritterturnier teilnehmen zu können und seinen Vater endlich Stolz zu machen.

In der guten Lyrik ist nicht nur die Schwerkraft als solche aufgehoben, im lyrischen Kraftfeld verlieren die Wörter oft auch ihre ursprüngliche Bedeutung und legen sich neue semantische Flügel zu.

Erwin Uhrmann lockt mit seiner ungewöhnlichen Assoziationskette Abglanz-Rakete-Nebel die Leserschaft elegant ins Innere des Buches, wo die Gedichte und Bilder ausgebreitet sind wie ein stroboskopischer Flügelschlag. Fast alle Gedichte sind zweiseitig und in der Mitte gefaltet. An dieses Format halten sich auch die Bilder von Julian Tapprich, auf denen monumentale Stillleben zu sehen sind. Eine Arbeitsschaufel lehnt etwa feierlich in der Ecke, während ein Playmobil-Frosch aus dem Bild abzuhauen versucht. Die leicht verschwommen wirkenden Installationen zeigen aber ein klares Motiv: die Verstörung durch filetierten Alltag!

„»Ich heiße Tessa Valerie van Kampen, bin Sternzeichen Skorpion. liebe Klaviermusik, vor allem die Stücke von Liszt …« Und werde schon sehr bald sterben. »Welches besonders?« »Wie bitte?«“, frage ich und schlucke. »Welches Klavierstück magst du besonders?« (72)

Die 17-jährige Tessa hat einen Herzfehler und hoffte nach zahlreichen Krankenhausaufenthalten in der Kindheit und Operationen ihre Krankheit endlich überwunden zu haben. Ihre Hoffnungen und Pläne nehmen ein jähes Ende, als sie erfährt, dass sie sterben muss. Die Ärzte teilen ihr mit, dass sie nur noch wenige Wochen zu leben hat. Für Tessa bricht die Welt zusammen und alles dreht sich nur noch um den Tod, als sie unerwartet zum zweiten Mal Oskar begegnet und ihr Leben eine unerwartete Wende nimmt.

Die Überlebensgeräte von früher werden die Vergnügungsstücke der Gegenwart. Die Arbeitslandschaft der Vorfahren wird zu einer Vitrine des Tourismus. Die Müßiggänger von morgen werden auf den Autobahnkleeblättern von heute flanieren.

Oswald Stimpfl fordert mit seinem Begleitbuch entlang der schönsten Waalwege Südtirols geradezu zeitlose Vergleiche heraus. Die Waale sind nämlich nicht nur eine Einrichtung des Überlebens, womit man früher klug dosiert frisches Wasser in die trockensten Flecken des Vinschgaus gebracht hat, da in den Waalen ständig Wasser fließt, sind diese auch Sinnbild für Vergänglichkeit, Zeit, Geschichte, kurzum für das Leben.

„Weit drinnen im Stroh sitzt die Maus. Sie hört Stimmen. Die Ziege, der Hund, die Taube, das Pferd, die Katze und die Schweine reden und lachen zusammen. Aber die Maus kümmert sich nicht darum. Sie sucht Futter.“

Einige Tiere auf dem Bauernhof treffen sich und haben eindeutig den Schalk im Nacken. Sie tuscheln und lachen und schließlich erklärt der Hund: „Ich bin ein braver Hund. Meistens oder fast immer. Aber … schaut!“