Martyn Lyons, Das Buch

„Zweieinhalb Jahrtausende lang haben die Menschen das Buch genutzt, als Handschrift oder in gedruckter Form, zu religiösen, pädagogischen, politischen oder Verwaltungszwecken. Sie zeichneten darin etwas auf, um es festzuhalten, oder machten das Buch selbst zum Kunstwerk.“ (7)

Wie haben sich das Buch und die Buchproduktion im Laufe der Jahrhunderte verändert, wer macht die Bücher, welche Bedeutung kommt dem Buch in der Geschichte der menschlichen Zivilisation zu und wo tauchen Schriftsysteme und Bücher überhaupt auf. Auf all diese Fragen und noch mehr bietet die Monographie „Das Buch – Eine illustrierte Geschichte“ fundierte Antworten.

Am Beginn der historischen Darstellung steht das Buch in Antike und Mittelalter, wobei den Beginn Mesopotamien und die Erfindung der ältesten Schrift, der Keilschrift macht. Auch das alte China kann auf eine lange Tradition der Schriftkultur verweisen, wo bereits im 6. Jhd. v. Chr. die ersten echten Bücher aus Bambus- und Holzstreifen entstehen. In Ägypten, Griechenland und Rom wurden Bücher traditionell aus Papyrus gefertigt, wobei ab dem 1. Jhd. nach Chr. das Pergament als Konkurrent aufzutreten begann, das sich aufgrund der klimatischen Verhältnisse vor allem im nördlichen Europa durchsetzen sollte.

Eine wichtige Entwicklung der Schriftkultur erfolgte im antiken Griechenland und Rom, wo vor allem Schriftrollen in Verwendung waren, während in Japan und China in der Heian-Zeit Faltbücher gebräuchlich waren, aber auch Bücher in Form von Holzdruckstöcken wie in Tibet und Korea waren in Verwendung.

Eine Revolution in der Geschichte des Buches in Europa war der Übergang von der Schriftrolle zum Kodex im Mittelalter, der einen völlig neuen Umgang mit dem Inhalt ermöglichte. Register können erstellt werden und Inhalte rasch aufgefunden werden. Klosterbibliotheken und Schreiber stehen im Zentrum der Buchproduktion, wobei religiöse Literatur den inhaltlichen Schwerpunkt bildet.

Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Buchdrucks stellt die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern dar, welche die Produktion und die Verbreitung von Bücher grundlegend ändern und auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Landessprachen haben sollte. Inhaltlich gelang es das neuzeitliche Denken und die wissenschaftlichen Erkenntnisse in einer nie gekannten Geschwindigkeit und Ausdehnung zu verbreiten.

Als Gegenbewegung auf die allgemeine und weite Verbreitung von Literatur betritt die christliche Inquisition die Bühne der Weltgeschichte. Ein ganz besondere Bedeutung erhält das Buch in der Zeit der Aufklärung, mit ihrem Anspruch die ganze Bevölkerung mit ihren Ideen zu erreichen. Eine Zunahme der Lese- und Schreibkultur, die Einführung der Zensur, einen Kodex verbotener Bücher aber auch neue Vertriebsmodelle, Nachschlagewerke und Schriftarten kennzeichnen diese unruhige Zeit.

Für das 19. Jahrhundert erhalten die Mechanisierung des Buchdrucks, die zentrale Rolle des Verlegers, Tantiemen und Urheberrecht, die Buchhandlung aber auch Leihbüchereien einen wesentlichen Stellenwert im Buchmarkt. Inhaltlich tauchen Märchensammlungen, Romane auf Raten, Groschenromane, Volksbücher und Abenteuerromane neu auf.

Das 20. Jahrhundert zeichnet sich durch seine Massenproduktion an Büchern durch neue Technologien aus. Konversations-Lexika, Taschenbücher, Liebesromane, Mangas aber auch Kinderbücher und Bildbände finden weltweite Verbreitung. Aber auch im 20. Jahrhundert finden sich Feinde des Buches, besonders in der Zeit des Nationalsozialismus oder in der Stalinära, während sich im digitalen Zeitalter ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Buches zu eröffnen scheint.

Martyn Lyons gelingt es mit viel Fachkompetenz aber auch erzählerischer Kunst die spannende Geschichte eines Mediums zu erzählen, das wie kein anderes das Leben der Menschen seit seinen Anfängen beeinflusst und gelenkt hat. Dabei steht vor allem das Buch und alles was das Buch ausmacht im Mittelpunkt, sei es die Schrift, die Buchherstellung, das Buchmaterial, der Buchvertrieb oder das Buch als Wirtschaftsfaktor.

Aufgegliedert in die traditionellen historischen Abschnitte wirft der Autor seinen Blick jedoch nicht nur auf die europäische Buchkunst und Buchherstellung sondern geht immer wieder über die Grenzen hinaus, um die Entwicklung in anderen Regionen aufzuzeigen. Das zahlreiche hervorragende Bildmaterial ergänzt den Text gekonnt und macht die historischen Fakten anschaulich. Allen Liebhabern und Freunden von Büchern kann diese überaus schön gestaltete und informative Monographie über das Buch und seine Geschichte wärmstens empfohlen werden.

Martyn Lyons, Das Buch. Eine illustrierte Geschichte, durchg. ill., übers. v. Birgit Fricke und Jutta Orth [Orig. Titel: Books. A Living History]
Hildesheim: Gerstenberg Verlag 2012, 224 Seiten, 30,80 €, ISBN 978-3-8369-2697-3

 

Weiterführender Link:
Gerstenberg Verlag: Martyn Lyons, Das Buch

 

Andreas Markt-Huter, 14-03-2014
 

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Bibliographie

AutorIn

Martyn Lyons

Buchtitel

Das Buch. Eine illustrierte Geschichte

Originaltitel

Books. A Living History

Erscheinungsort

Hildesheim

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Gerstenberg Verlag

Übersetzung

Birgit Fricke / Jutta Orth

Seitenzahl

224

Preis in EUR

30,80

ISBN

978-3-8369-2697-3

Kurzbiographie AutorIn

Martyn Lyons ist ein Experte für die Geschichte des Buches und hat bereits zahlreiche englischsprachige Veröffentlichungen zum Thema vorgelegt. Der gebürtige Londoner studierte an der Universität von  Oxford und ist heute Professor an der School of History and Philosophy der University of New South Wales in Australien.