Peter Natter, Die Tote im Cellokasten

Wenn es Leute gibt, die bei der Schubertiade im Bregenzer Wald vor Hingabe zerschmelzen, wird es auch genügend Fans geben, die sich bei der Lektüre eines Wälder-Krimis vor Wonne quasi selbst auflösen.

Peter Natter, der wie alle Krimi-Schreiber die Produktion von Krimis freiwillig macht, schickt seinen skurrilen Bregenzer Inspektor Ibele zu einem Fall, der während der Schubertiade in Schwarzenberg loslegt, weshalb es auch gleich Ibeles schwärzester Fall wird.

Verbrechen und deren Aufklärung werden meist im zentralen Hirschen ausgeheckt, weshalb man auch von einem Gasthauskrimi sprechen könnte, bei dem im entscheidenden Moment wie im echten Leben immer die Kellnerin entscheidende Tipps auf Lager hat. Dabei ist Ibele ein trockener Typ, der sehr viel Wasser trinkt, weil Trinken das Gehirn geschmeidig macht. (108)

An der Krimi-Front passiert Folgendes: eine Musikerin, die in der Hauptsache für die Gelüste alter Männer engagiert ist, wird bei einer nächtlichen Übung ermordet und in einem Cellokasten versteckt, während das wertvolle Stainer-Cello verschwindet und dadurch die Geld affine Kunstwelt in Trauer versetzt.

Noch während der Recherchen des Ibele wird ein greiser Kunst-Grufti ermordet und noch Körper- und brunzwarm von einem Mopedfahrer im Wald entdeckt, der hauchdünn neben dem Leichnam die Notdurft verrichtet. Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Ein hormonell gestörter Porsche-Wälder haut samt seinem Gefährt von der Straße ab und landet in einem Schwimmbad, scheinbar unversehrt, aber mit Genickbruch und glotzenden Totenaugen eines Protzes.

Da machen die Viper-Leute, wie die Krimi-Kobra genannt wird, dem Treiben ein Ende und enttarnen einen Psychopaten als Täter, der wahrscheinlich dem weltberühmten Vorarlberger Psychopaten-Forscher vorgeführt werden wird.

Peter Natter macht es sichtlich Freude, anhand eines Krimi-Vorwands die Skurrilitäten dieses Menschenschlages zu schildern, der von den Vorarlbergern selbst als zumindest eigenwillig wahrgenommen wird. Die Figuren sind in ihrem provinziellen Pfauentum durchaus lächerlich, dazu verhelfen ihnen auch allerhand seltsame Rituale zur gegenseitigen Anerkennung, wie etwa die Segnung von Kettensägen bei einer Kettensägen-Feier.

Entscheidenden Kapiteln sind immer Headlines aus der Weltliteratur vorgespannt. Die Hyäne folgt dem Löwen – Iwan Bunin / Landeinwärts sind die Hügeltäler schafgefüllt – Herman Melville / Die Kaltschnäuzigen gilt es zurückzuweisen, sie sind die schlimmsten – Botho Strauß.

Das genaue Ende des Krimis darf nicht verraten werden, aber die Schlusserkenntnis des Ibele ist grandios und nachhaltig:

Die großen Dramen des Lebens entstehen meist beim Versuch, die kleinen Dramen des Alltags zu vermeiden. (188)

Peter Natter, Die Tote im Cellokasten. Inspektor Ibeles schwärzester Fall.
Innsbruck: Haymon 2014. (= TB 152). 189 Seiten. EUR 9,95. ISBN 978-3-85218-952-9.

 

Weiterführender Link:
Haymon Verlag: Peter Natter, Die Tote im Cellokasten
Homepage: Peter Natter

 

Helmuth Schönauer, 31-07-2014

Bibliographie

AutorIn

Peter Natter

Buchtitel

Die Tote im Cellokasten. Inspektor Ibeles schwärzester Fall

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Haymon Verlag

Reihe

Inspektor Ibele

Seitenzahl

189

Preis in EUR

9,95

ISBN

978-3-85218-952-9

Kurzbiographie AutorIn

Peter Natter, geb. 1958 in Alberschwände, lebt in Dornbirn.