Susanne Schaber, Großes Welttheater auf kleiner Bühne
Es gibt so Landstriche auf dem Kontinent, wo sich tatsächlich hinter jeder geographischen Krümmung eine neue Welt auftut.
Die Gegend um Triest und die Kulturoase Friaul stellen eine ideale Bühne dar, um auf engstem Raum großes Welttheater aufzuführen. Und tatsächlich sind die vorgestellten Protagonisten alle Mitglieder eines Weltorchesters von hervorragenden Köpfen.
Natürlich kommt an erster Stelle Rilke mit seinen Duineser Elegien. So wie dieses Bauwerk Duino an die Küste geklebt ist, ruft es geradezu nach schicksalshaften Elegien, die im Laufe der Zeit Rilke zusammenkomponiert hat. Der Anstoß zu den Duineser Elegien geht auf diese einmalige Stimmungs-Brandung zwischen Bora, Meer und Fels zurück.
Ein anderer Großer ist James Joyce in Triest. Auch wenn er beim ersten Mal eher zufällig und geduckt in dieser Stadt angekommen ist, durfte er dann im zweiten Anlauf bleiben, hat viel Geld in Getränke investiert und nebenher Weltliteratur geschrieben.
Im Unterschied zu Joyce, den die Gegend zu Lebzeiten aufgenommen hat, lebte Pier Paolo Pasolini schon in Friaul und wurde von dieser Gegend vertrieben. Als er wegen einer angeblich homoerotischen Angelegenheit Hals über Kopf nach Rom flüchten musste, nahm er jedoch immer wieder Bezug auf seine friulanische Heimat, und seit er dort begraben ist, gibt es wieder Frieden zwischen ihm und den Einheimischen.
Die offene Psychiatrie nach dem Triestiner Modell, Isonzo-Schlachten während des Ersten Weltkrieges ohne Ende, das verheerende Erdbeben 1976 sind Schlagwörter, die man mit dieser Weltbühne in Verbindung bringt.
Und dann natürlich Speis und Trank, Speck und Wein von allerhöchster Qualität und eine Landschaft, die als Netz karger Strukturen weltberühmt ist und mit dem Ausdruck Karst einen eigenen geographischen Zustand hervorgebracht hat. Allein das Höhlen- und Wassersystem ist bis heute noch nicht restlos erforscht, manchmal verschwinden Flüsse einfach an einer Biegung und tauchen in einem anderen Tal umso heftiger aus dem Nichts auf.
Susanne Schaber erzählt diese Geschichten von großem Theater mit der Begeisterung einer Theaterbesucherin, die die Stücke erklärt, sich ihrer Historie annimmt und der täglichen Aufführung mit professionellem Blick über die Schulter schaut.
Susanne Schaber, Großes Welttheater auf kleiner Bühne. Logenplätze in Friaul und Triest.
Wien: Picus 2008. (= Picus Lesereisen). 132 Seiten. EUR 13,90. ISBN 978-3-85452-937-8.
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Picus-Verlag: Susanne Schaber, Großes Welttheater auf kleiner Bühne