Ray Bradbury, Space Opera

Buch-CoverNicht alle Berufsgruppen haben eine eigene Bibel. Die Bibliothekare jedenfalls schwören seit Jahrzehnten auf Fahrenheit 451.

In diesem magisch utopischen Buch kann ein Buch letztlich nur überleben, indem es von seinem Leser inhaliert, personifiziert und als Hirn-JPG an die Nachwelt weiter gegeben wird.

Ray Bradbury spielt in seinem aktuellen Vorwort diesen Mythos herunter, indem er erzählt, wie verrückt einfach der Text in den frühen fünfziger Jahren entstanden ist. Aus mehreren Kurzerzählungen ergab sich die Möglichkeit, über einen Brand legenden Feuerwehrmann die Episoden aus einem kalten Krieg heiß zu machen.

Und auch die Vorgangsweise beim Schreiben ist abenteuerlich. Der Autor hat sich ein bisschen Geld gespart, um jeweils in einer Schreibstube auf einer Miet-Schreibmaschine die notwendigen Sequenzen herunter zu tippen. Im Zeitalter des Internet eine geradezu abenteuerlich parallele Vorgangsweise, denn auch wir zahlen heutzutage für jede Zeile, die wir irgendwo platzieren.

Unter dem schönen Titel Space Opera sind nun in einer ebenso schönen wie haptischen ergreifenden Ausgabe die drei wichtigsten Werke Ray Bradburys frisch aufgelegt.

In Fahrenheit 451 legt der Feuerwehrmann Montag Bücherbrände im Sinne eines totalitären Regimes, ehe er aussteigt und im Wald die Lesemenschen entdeckt. Diese sind personifizierte Werke der Literaturgeschichte und kommunizieren spröde selbstbewusst untereinander.

Der Illustrierte Mann geht als Gesamt-Tattoo durch die Gegend, auf Anfrage oder in delikaten Situationen öffnen sich seine Hautporen und erzählen über die jeweilige Tätowierung die absurdesten Geschichten. Der Körper als Screen-Touch, auf dem die persönlichsten Geschichten abzurufen sind, eine prophetisch zeitlose Angelegenheit.

Die Mars-Chroniken handeln von Konzepten der Science-Fiction aus den 1940er Jahren, durch die Rahmenhandlung einer Marsexpedition werden kybernetische, virtualistische und antiphysikalischen Gesetze aus den Angeln gehoben und auf ein spannendes Erzählgitter gelegt.

Ray Bradbury gilt mittlerweile als Meister der Dystopie, womit sogenannte "üble Utopien" bezeichnet werden. Aber wie bei jeder Lektüre ist der Ausgangspunkt des Lesers entscheidend, mit ein wenig Pessimismus ausgestattet erscheinen die Werke als glänzende Utopien des Guten.

Dass es diese Klassiker jetzt anspruchsvoll ausgestattet und mit aktuellen Vorworten bestückt frisch aufgelegt gibt, ist eine positive Utopie der Realität.

Ray Bradbury, Space Opera. Fahrenheit 451. Der illustrierte Mann. Die Mars-Chroniken.
Zürich: Diogenes 2008. 960 Seiten. EUR 39,-. ISBN 978-3-257-06650-0.

 

Weiterführende Links:
Diogenes-Verlag: Ray Bradbury, Space Opera
Wikipedia: Ray Bradbury

 

Helmuth Schönauer, 02-09-2008

Bibliographie

AutorIn

Ray Bradbury

Buchtitel

Space Opera. Fahrenheit 451. Der illustrierte Mann. Die Mars-Chroniken

Originaltitel

The Illustrated Man. The Martian Chronicles. Fahrenheit 451

Erscheinungsort

Zürich

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Diogenes

Übersetzung

Fritz Güttinger / Thomas Schlück / Peter Naujack

Seitenzahl

960

Preis in EUR

39,00

ISBN

978-3-257-06650-0

Kurzbiographie AutorIn

Ray Bradbury, geb. 1920 in Illinois, lebt in Los Angeles.