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Raimund Schulz, Welten im Aufbruch

Andreas Markt-Huter - 22.09.2025

Raimund Schulz, Welten im Aufbruch„Archäologische, philologische und historische Forschungen der letzten fünfzig Jahre zeichnen ein Bild der Antike, das sich nicht mehr mit dem liebgewonnenen Inselwissen westlicher Provenienz deckt […], sondern vertraute Ereignisse in viel größere Dimensionen einer eurasischen Geschichte einordnen muss. Das ist das Ziel dieses Buches. Es will die Antike als eine bedeutende historische Epoche beschreiben, die den gesamten eurasischen Kontinent als einen großen Interaktionsraum umfasste, und es will die Impulse herausarbeiten, die seine Geschichten antrieben, verbanden und bedeutsam machten.“ (S. 13)

Raimund Schulz betrachtet die Antike über die gewohnten Schwerpunktregionen Rom und Griechenland hinaus und erweitert den Untersuchungsgegenstand auf die globalen Beziehungen von der „Ostsee bis ins Chinesische Meer, von der nördlichen Taiga bis in die arabischen Wüsten“ (S. 13). Damit verbindet er die archäologischen, philologischen und historischen Forschungen der letzten fünfzig Jahre zu einem spannenden Gesamtbild, der die engen Verflechtungen und Interaktionen zwischen den weit entlegenen Reichen und Regionen der Antike bestechend herausarbeitet.

Reinhard Wegerth, Der große grüne Atemstreik

h.schoenauer - 19.09.2025

Reinhard Wegerth, Der große grüne AtemstreikDamit Wissenschaft glaubhaft erzählt werden kann, bedienen sich ihre Vermittler oft der Romanform. In einem Roman nämlich unterliegen die Thesen des Labors einem Elchtest, indem die Leser ungeniert selbst überlegen dürfen, ob das Erzählte über die Fiktion hinaus glaubhaft ist.

Reinhard Wegerth hat vor Jahrzehnten so etwas wie den grotesken Essay als Genre entwickelt, Dabei werden wissenschaftliche Thesen in eine Geschichte verpackt, die dem populären Sciencefiction nicht unähnlich ist. Das besondere dieser Erzählweise ist die Distanz zum jeweiligen Zeitgeist, auch wenn dieser die Themen vorgibt. ‒ Die Grundfragen der Menschheit, nämlich ihr Sinn und die Notwendigkeit der Reproduktion ist zumindest seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten gleich aktuell.

Christoph Szalay, HURT

h.schoenauer - 17.09.2025

Christoph Szalay, HURTIn goldenen Lettern prangt ein magischer Begriff vom Buchdeckel: HURT. In einer ersten Übersetzung stellt man sich etwas mit Verletzung und Schmerz vor. Und später wird klar, dass es sich um einen Zustand der Trance und der Körperverletzung handelt, wie er beispielsweise während eines Berglaufs auftreten kann.

Christoph Szalay stellt mit Hurt eine Geschichte des Heran-Tastens an ultimative Grenzen vor. Dabei beginnt das Protokoll recht verheißungsvoll: „der erste Blick des Tages in den Himmel, um zu sehen, ob er trägt“. (10)

Robin Lane Fox, Die klassische Welt

andreas.markt-huter - 04.09.2025

robin lane fox, die klassische welt„Über die Geschichte von etwa neun Jahrhunderten zu berichten ist eine anspruchsvolle Aufgabe, zumal angesichts des verstreuten und verschiedenartigen Quellenmaterials. Doch der Anspruch hatte seinen Reiz. Fachkenntnisse setze ich nicht voraus, hoffe aber, dass meine Darstellung die Aufmerksamkeit der Leser wecken und fesseln kann.“ (S. 13)

Den Mittelpunkt des umfangreichen Geschichtswerks bildet die klassische griechisch-römische Welt, vom ersten großen Klassiker der europäischen Literatur, der Epik Homers, bis in die Zeit Kaiser Hadrians, mit dem die Zeit der klassischen Literatur ihr Ende nahm und der sich von der bereits als Klassik empfundenen Vergangenheit der Griechen und Römer inspirieren ließ.

Caleb Everett, 1000 Sprachen - 1000 Welten

Andreas Markt-Huter - 22.08.2025

Caleb Everett, 1000 Sprachen - 1000 Welten„Während also die in diesem Buch besprochenen Erkenntnisse direkt oder indirekt mit Sprachen zu tun haben, sind die meisten von ihnen deshalb bemerkenswert, weil sie sich auf andere Aspekte des menschlichen Denkens und Verhaltens beziehen. In diesem Sinn ist dies nicht ein Buch über Linguistik an sich. Es ist vielmehr ein Buch darüber […] wie Menschen denken, wenn sie sprechen, und in manchen Fällen, wie sie denken, wenn sie nicht sprechen.“ (S. 18)

Sprachen spiegeln in der Regel ihre Umgebung wider, weshalb Menschen in Grönland z.B. verschiedene Arten von Schnee mit unterschiedlichen Bezeichnungen benennen, während der Urbevölkerung in Australien Schnee vielleicht völlig unbekannt ist. In diesem Buch werden Erkenntnisse aus der Forschung über sprachliche und kulturelle Vielfalt vorgestellt und gezeigt, wie sich diese auf die Kommunikation und das Denken der Menschen auswirkt.

Heiner Flassbeck, Grundlagen einer relevanten Ökonomik

andreas.markt-huter - 08.08.2025

heiner flassbeck, grundlagen einer relevanten ökonomik„Die ökonomische Lehre ist wie ein gewaltiges Labyrinth mit nahezu unendlich vielen Wegen, die ins Nichts führen. Das macht es so mühsam. Wer schnell einmal hindurch will, um das ganze Gebilde wieder in Ruhe von außen betrachten und beurteilen zu können, hat keine Chance. Nur wer die Geduld aufbringt, eine Sackgasse nach der anderen abzuarbeiten, kommt durch und vermag am Ende eine neue Schneise zu schlagen, die den Nachfolgenden die Möglichkeit gibt, schneller ans Ziel zu kommen.“ (S. 9)

Heiner Flassbeck fasst in diesem Grundlagenwerk seine Forschungen zur Ökonomik in einem ebenso kompakten wie verständlichen und lesenswerten Sachbuch zur Makroökonomik zusammen. Ausgehend von einem historischen Vergleich und einer Kritik der bisherigen ökonomischen Theorien der letzten 200 Jahre, entwickelt er einen eigenständigen Ansatz einer Ökonomie, die sich vor allem an den realen Verhältnissen und Auswirkungen orientiert.

Raimund Schulz, Abenteurer der Ferne

Andreas Markt-Huter - 04.08.2025

Raimund Schulz, Abenteurer der Ferne„Dieses Buch möchte erklären, wie es dazu kam, was die Alten dazu trieb, die Grenzen des Vertrauten zu durchbrechen, wie weit sie kamen und welche Konsequenzen die stete Erweiterung des Welthorizonts für die Entwicklung von Politik, Gesellschaft und hatte.“ (S. 9)“

Was wussten die Menschen der Antike von der Welt und welche Länder und Regionen hatten sie bereist? Anhand antiker Quellen geht Raimund Schulz den zahlreichen Nachrichten von der Bronzezeit bis in die Spätantike nach. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die Entdeckungen und Reisen der Griechen und Römer, aber auch die Reisen der Phöniker, Karthager und Chinesen sind Teil der ausführlichen Monographie.

Max Ulrich, schwindel im funkenschlag

h.schoenauer - 27.06.2025

Max Ulrich, schwindel im funkenschlagNicht nur am Titel ist von Schwindel die Rede, selbst die Augen machen eine schwindelerregende Bewegung, wenn sie über den Lyrikband gleiten, der im Handteller-großen Format sich erst allmählich fokussieren und fixieren lässt.

Max Ulrich zeigt mit „schwindel im funkenschlag“ Bilder und Gedichte, die vor allem von Mehrdeutigkeit, Verwobenheit und gezielter Unschärfe geprägt sind. So lädt der Schwindel ein, gleichermaßen an die Störung des Gleichgewichts wie auch an eine Täuschung zu denken, während der Funkenflug aus allen Essen und Schmieden auffliegt, von gebremsten Eisenbahnrädern springt oder als archaischer Brauch des Funkenschlagens über die Landschaft springt.

Philipp R. Rössner, Einführung in die Wirtschaftsgeschichte - Frühe Neuzeit

Andreas Markt-Huter - 02.06.2025

Philipp R. Rössner, Einführung in die Wirtschaftsgeschichte - Frühe Neuzeit„Wirtschaftsgeschichte ist also vor allem Geschichte ökonomisch tätiger Menschen in ihrem jeweiligen sozialen, rechtlichen, kulturellen und religiösen Handlungskontext, eine Geschichte der Politik, der gesellschaftlichen Zusammenhänge, der Eigentumsordnung […], der Marktanbindung oder der Verflechtung mit anderen Märkten. Daneben ist wirtschaftliches Handeln stets auch in die jeweiligen geographischen, naturräumlichen, klimatischen Bedingungen eingebettet.“ (S. 14)

Philipp Rössners „Einführung in die Wirtschaftsgeschichte“ der Frühen Neuzeit setzt sich mit den Grundlagen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Europa vom Spätmittelalter bis zur Französischen Revolution auseinander. Dabei kommen die unterschiedlichsten Aspekte wirtschaftlicher Bereiche zur Sprache, die von Klima und Umwelt, über die Bevölkerungsentwicklung, der Landwirtschaft bis hin zu den Themenbereichen Handwerk, Handel, Geldwirtschaft und Wirtschaftstheorie reichen.

Paolo Rumiz, Eine Stimme aus der Tiefe

h.schoenauer - 19.05.2025

Paolo Rumiz, Eine Stimme aus der TiefeItalien besteht aus mindestens zwei Ebenen. Einmal aus einer Erdoberfläche, die an manchen Tagen wegen des Overtourismus als solche nicht mehr zu erkennen ist. Und zweitens aus einem unterirdischen Kosmos aus Geräuschen, Magma, Vibration und Explosion.

Paolo Rumiz ist vielleicht einer der letzten Grenzreisenden unserer Zeit, das heißt, er reist nicht nur an eine Grenze der Wahrnehmung, sondern überschreitet sie auch.