Friedrich Orter, Himmelfahrten Höllentrips

Buch-CoverDer Titel dieser Reportagen-Sammlung ist treffend gewählt, in Krisengebieten sind die Berichterstatter mit einem Bein im Jenseits, während sie mit dem anderen in der Hölle des Krisenherdes stehen.

Entweder man schreibt eine Geschichte oder man wird selbst zur Geschichte, lautet so ein zynisches Sprichwort der Krisenreporter.

Friedrich Orter gilt als Philosoph unter den Korrespondenten, in seinen Beiträgen versucht er immer, die Hintergründe der Konflikte auszuleuchten, und seine Helden sind die armen Beteiligten, die unschuldig zum Handkuss kommen. Dabei zitiert Friedrich Orter oft sogenannte klassische Sätze, denn das Ungeheure, der Krieg und der Schrecken sind Phänomene, die die Menschen seit Jahrtausenden begleiten. Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen, heißt es bei Platon.

Friedrich Orters Beiträge stammen oft vom Ende der Welt und dann liegen die Schauplätze wieder ganz nah vor unserer Haustüre, wie etwa Rumänien, Kosovo, Albanien.

In den Beiträgen gibt es jeweils einen Foto-Teil und eine Landkarte mit den ausgesuchten Brennpunkten des Geschehens. Oft erklären Sprichwörter in einem Halbsatz die Lage, wenn es etwa über Pakistan heißt, dass sich die Armee einen Staat leistet, statt wie üblich der Staat eine Arme.

Die Interviews mit Opfern, Insidern oder Clanführern sind oft unter abenteuerlichen Verhältnissen entstanden, die wichtigsten Personen sind jedoch die Security-Menschen, ohne die in Gegenden wie Pakistan, Iran oder Libanon so gut wie gar nichts geht.

Viele Kriegsschauplätze sind uns Lesern noch aus den Nachrichten-Sendungen in Erinnerung. Während aber in der Echtzeitreportage die sich überschlagenden Ereignisse im Vordergrund stehen, sind die Beiträge in diesem Himmel-Hölle-Buch mit essayistischen Elementen unterlegt.

"Wer eine Wahrheit verbergen will, braucht sie nur offen auszusprechen: Sie wird einem ja doch nicht geglaubt." (39) heißt es beim französischen Diplomaten Talleyrand.

Die Zeitgeschichte sucht sich ihre Protagonisten oft nach recht eigenartigen Gesetzen aus. Beispielsweise wurde jener Offizier, der bei der Hinrichtung von Ceausescu dabei war, extra aus dem Urlaub geholt, um in die Geschichte einzugehen. Das Interview mit ihm ist etwas vom Nüchternsten und Makabersten, was sich so als Kommentar zu den Geschehnissen denken lässt.

Friedrich Orters Buch liest man mit rasenden Augen, denn es geht um nichts Geringeres als um uns selbst. Die Menschen, das sind ihre Geschichten, darum ist das Erzählen von Geschichten unvermeidlich. (Odo Marquard) Friedrich Orter erzählt diese Elementargeschichten zwischen Himmelfahrten und Höllentrips, stets kompetent, stets authentisch, stets bescheiden.

Friedrich Orter, Himmelfahrten Höllentrips.
Salzburg: Ecowin 2008. 256 Seiten. EUR 23,60. ISBN 978-3-902404-65-7.

 

Weiterführende Links:
Wikipedia: Friedrich Orter
Ecowin-Verlag: Friedrich Orter, Himmelfahrten Höllentrips

 

Helmuth Schönauer, 01-10-2008

Bibliographie

AutorIn

Friedrich Orter

Buchtitel

Himmelfahrten Höllentrips

Erscheinungsort

Salzburg

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Ecowin

Seitenzahl

256

Preis in EUR

23,60

ISBN

978-3-902404-65-7

Kurzbiographie AutorIn

Friedrich Orter, studierte Slawistik, Germanistik und Philosophie in Wien, seit 1975 Redakteur und Reporter beim ORF.