Herbert Rosendorfer, Dem Mann kann geholfen werden

Buch-CoverKlassische Stücke fordern oft geradezu eine zeitgemäße Fortsetzung heraus, man denke nur an die vielen Faust Drei oder an die Godots, die fallweise erscheinen oder sich unverblümt verleugnen lassen.

Herbert Rosendorfer setzt mit seinem Stück Schillers "Räubern" eines drauf und nennt das humorvolle Trauerspiel "Dem Mann kann geholfen werden".

Im Duktus der 1790er Jahre treten Figuren aus Schillers Räubern auf, freilich in anderen Funktionen. So kommt Schiller selber gar nicht gut weg, weil er das Stück nicht richtig zu Ende bringt, zudem merken sich die Beteiligten kaum seinen Namen. Der Räuberhauptmann selbst wechselt die Seiten und wird Polizeipräsident, denn es ist ziemlich egal, von welcher Seite man sich dem Verbrechen nähert, Hauptsache man ist dabei.

Die Handlung besteht vor allem darin, dass sich die unmöglichsten Figuren als Räuber ausgeben, um die Ergreifungsprämie zu lukrieren. So tummeln sich gleich zu Beginn auf der Polizeistation die wildesten Typen herum, die alle als Räuber gelten wollen.

Die echten Räuber hingegen führen ein clownesques Dasein, oft reicht es nur, der Eierfrau zwei Eier zu stehlen.

Moral, Politik, Revolution, Ideale - alles kommt unter die Räder und wird seitenverkehrt dargestellt. "Seid ihr denn nicht Freunde der Freiheit? - Ich bin mein eigener Freund!" (48) Wie in Schnitzlers "Der grüne Kakadu" vermischen sich Darstellung und Wirklichkeit, zwischen dem Treiben im Stück und der sogenannten Realität ist bald kein Unterschied mehr.

Im verlässlichen Rhythmus einer imaginären Heilslehre betteln die Protagonisten ständig um Hilfe und werden mit dem lapidaren Satz abgespeist, "dem Mann kann geholfen werden". (43) Bis es dann am Schluss dem Tagelöhner, der sich ein Stück lang als Räuber ausgeben wollte, reicht. Auch er murmelt die Floskel "Dem Mann kann geholfen werden" und erschlägt den Moor. Die übrige Besetzung des Stückes hat bereits vorher rechtzeitig mit einer Mongolfiere den Schauplatz verlassen.

Herbert Rosendorfer rollt mit diesem Klamauk-artigen Stück die ganze Klassiker-Hysterie gnadenlos auf. Jeder Dialog ist eine schräge Anspielung, die Rezeptionsgeschichte wird als das eigentliche Räuberstück dargestellt und was die Logik des Stückes betrifft, hält Rosendorfer locker mit dem jungen Schiller mit: Chaos und Wahnwitz an allen Bühnenecken und -enden.

Vielleicht muss man Klassiker zwischendurch gegen den Strich rasieren, damit darunter wieder halbwegs ein Gesicht auftaucht. Herbert Rosendorfer ist ein wunderbarer Barbier der Klassiker!

Herbert Rosendorfer, Dem Mann kann geholfen werden. Ein Trauerspiel in fünf Akten. Mit Vignetten vom Autor.
Innsbruck: Kyrene 2009. 89 Seiten. EUR 16,90. ISBN 978-3-900009-48-9.

 

Weiterführende Links:
Kyrene-Verlag: Bücher
Wikipedia: Herbert Rosendorfer

 

Helmuth Schönauer, 25-05-2009

Bibliographie

AutorIn

Herbert Rosendorfer

Buchtitel

Dem Mann kann geholfen werden

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Kyrene

Seitenzahl

89

Preis in EUR

16,90

ISBN

978-3-900009-48-9

Kurzbiographie AutorIn

Herbert Rosendorfer, geb. 1934 in Bozen, lebt seit 1997 in Eppan.