Stephan Alfare, Meilengewinner

Buch-CoverIm Flugverkehr gibt es fallweise so etwas wie Bonus-Meilen oder Vielfliegergratifikationen. Am Boden ist ein Meilengewinner offensichtlich jemand, der sich selbst mit dem Absolvieren von Meilen belohnt.

Das Hauptthema im Roman ist die Gelassenheit und Beiläufigkeit, mit der die Figuren unterwegs sind. Der Ich-Erzähler strolcht mit sich im Süden herum, trifft ununterbrochen neue Leute, trinkt mit diesen, ehe die zufällig zusammengekommenen Grüppchen sich wieder in alle Winde zerstreuen.

Wie in dieser internationalen Vaganten-Szene üblich, werden oft nicht einmal mehr die Namen genannt sondern bloß die Nationalitäten, der Deutsche, der Schwede, der Pole.

Natürlich ergeben sich immer wieder Frauengeschichten, die aber an Zufälligkeit nichts zu wünschen übrig lassen.

Wir waren wie zwei Figuren aus einem Puppentheater. (199)

Man zieht ins Hotel, solange das Geld reicht, manchmal kriegt man von einer Stadt nichts mit, wenn gerade heftige Liegezeit im Zimmer ausgerufen ist.

Wenn das Geld ausgeht, heißt es, schnell eine Arbeit annehmen, wobei die Arbeit dann eher wieder meditativ gelassen erledigt wird, ein bisschen Obstpflücken, ein bisschen Früchte sortieren, viel reden, zusammensitzen und trinken, so lässt sich sogar die Arbeit aushalten.

Der Winter zwängte sich vorüber, und die Zeit war schlecht, und dem war nicht abzuhelfen. Vielmehr schälte die Sonne meinen Schädel und knackte die Schale und legte den Kern frei. Die Sonnenstrahlen brieten mein Gehirn in Dimitris? Feldern, der Staub war das Paniermehl. (126)

Als einmal die Kohle wirklich aufhört zu sprießen, muss der Erzähler kurz zurück in die Alpen und mit einem Schweizer Wanderkollegen zu Hause Geld abholen. Dann geht es wieder stracks in die Türkei, Izmir wäre zwar leicht zu erreichen, aber das Ziel heißt Gümüldür, weil es besser klingt. Freilich gelingt auch bei einem zielfreien Leben nicht alles. ?Gümüldür erreichten wir nie im Leben. (260)

Stephan Alfares Roman ist ein philosophischer Kraftakt in Richtung anything goes. Zeit und Ort spielen keine Rolle, Kohle kommt oder kommt nicht, wenn genug zu Trinken da ist, ist der Tag gerettet, an besonderen Tagen lässt sich durchaus auch einmal eine etwas kräftigere Haluzination einwerfen. Dieser Roman ist ein gutes Durchhalte-Medikament, wenn den Leser irgendwo im Nebel der Alpen der nackte Arbeitstag in voller Sinnlosigkeit auffrisst. Man gewinnt dann die Meilen der Freiheit durch schieres Lesen

Stephan Alfare, Meilengewinner. Roman.
Wien: Luftschacht 2008. 318 Seiten. EUR 21,90. ISBN 978-3-902373-35-9.

 

Weiterführende Links:
Luftschacht-Verlag: Stephan Alfare, Meilengewinner
Wikipedia: Stephan Alfare

 

Helmuth Schönauer, 04-07-2009

Bibliographie

AutorIn

Stephan Alfare

Buchtitel

Meilengewinner

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Luftschacht

Seitenzahl

318

Preis in EUR

21,90

ISBN

978-3-902373-35-9

Kurzbiographie AutorIn

Stephan Alfare, geb. 1966 in Bregenz, lebt in Wien.