Gert Müller, Wie Sand im Licht des Mondes

Buch-CoverKulturelle Botschaften gehen oft geheimnisvolle Wege. So lebt einer der besten Kenner des Nomaden-Volkes der Tuareg in Innsbruck.

Vielleicht bestehen überhaupt seltsame Verbindungen zwischen den Tuareg und den Tirolern, beide Kulturen müssen sich den Herausforderungen der modernen Zeit stellen und ihre Bräuche retten, modifizieren und anpassen, ohne sich dabei aufzugeben.

Gert Müllers Standard-Werk ?Wie Sand im Licht des Mondes aus dem Jahre 1997 ist jetzt in einer aktualisierten Ausgabe wieder aufgelegt.

Während seines aktiven poetischen Expeditionslebens bestand die Leidenschaft des Reiseschriftstellers und Volkskundlers darin, die Kultur und Literatur der Tuareg immer wieder neu aufzusuchen, zu dokumentieren und zu erforschen. Aus dem Vergleich der Wüstenreisen lässt sich auch die Veränderung der Kultur ablesen, denn nicht nur Nomaden und Dünen wandern, auch die Literatur wandelt sich, manchmal in Jahrhunderten, manchmal von einem auf das andere Jahr.

Die Tuareg sind wie viele alte Kulturen auf verschiedene Länder aufgeteilt, Algerien, Libyen, Mali, Tschad und Sudan. Je nach Schätzung bestehen sie aus einer bis drei Millionen Menschen. Ein einzelnes Mitglied der Kultur heißt übrigens nicht Tuareg sondern Tagri.

Gert Müller streicht zwei besondere Aspekte der Dichtung der Tuareg hervor: Einmal ist es die Wesensverwandtschaft der Liebeslyrik mit der Minnelyrik, wie wir sie aus dem Mittellalter kennen, zum anderen gibt es starke Verbindungen zwischen den Bergsagen Tirols und den Steingeschichten der Wüste.

In den Gedichten, sauber aufgeteilt in Gedichte der Frauen und Gedichte der Männer, geht es um die Liebe, die zwischen Kälte und Hitze schwankt. Poesievoll werden Heldentaten, Wunder der Natur, Besonderheiten der Kamele besungen.

In den jüngsten Gedichten ist auch von Umweltkatastrophen, Rebellion, Verlust der alten Kultur und Ausbeutung durch die Allerweltsgesellschaft die Rede. Eine Rarität stellen sicher die sogenannten Weisheiten und Sprüche dar, die für jede Gesellschaft Gültigkeit haben.

"Wer vom Essen träumt, wird Geschäfte machen". - "Wer träumt, dass er gestorben sei, der wird noch lange leben". - "Die Erde hat nur eine Sonne". -  "Wenn du viele Kamele hast, wirst du auch viele Freunde haben. Wenn du deine Kamele verlierst, gehen auch deine Freunde".

Gerade den robustesten Kulturen in der Wüste machen die modernen Verkehrs- und Nachrichtensysteme am meisten zu schaffen. Zwar erleichtern sie auf den ersten Blick das harte Leben in der Einschicht, aber sie zerstören gleichzeitig das Wesen dieser Randlage und machen somit die Überlebenskultur überflüssig.

Wie Aas, um das sich die grauen Adler streiten / Wird mein armes Weideland zerrissen / Leben mit zerbrochenem Rückgrat / Zerfetzt der Atem / Von den Straßen der Zukunft. (Tuareg Dichter Hawad)

Ein Glossar schlüsselt die wichtigsten Begriffe in "tamahak" und arabischer Sprache auf.

Gert Müller, Wie Sand im Licht des Mondes. Dichtung der Tuareg. Fotos.
Innsbruck: Kyrene 2010. 148 Seiten. EUR 24,90. ISBN 978-3-900009-67-1.

 

Helmuth Schönauer, 29-11-2010

Bibliographie

AutorIn

Gert Müller

Buchtitel

Wie Sand im Licht des Mondes

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Kyrene

Seitenzahl

148

Preis in EUR

24,90

ISBN

978-3-900009-67-1

Kurzbiographie AutorIn

Gert Müller, geb. 1931 in Innsbruck, lebt in Innsbruck.