C.H. Huber, die poesie der waschstraße
Auf manche Gedichtbände fährt die Leserschaft schnurgerade ab, weil der Titel Aufmerksamkeit und Leselust erweckt.
C.H. Hubers Poesie der Waschstraße ist so ein verlockender Titel, der irgendwie an die Unendlichkeit der Milchstraße, das Plantschen in der Freizeit und das betuliche Putzen von kleinen Autos im aufgeräumten Milieu erinnert.
wie sie dann tanzen / diese textilen tentakel // sich verrenken im zärtlichen / pas des deux und in orgien zu mehrt // wie weich sie dann streifen / über lack und glas // verbliebenes nass / zu trocknen // blech zu entlassen glänzend / am ende des schaum // feuchten weges // poesie der waschstraße (47)
Eine scheinbar alltägliche Vorgangsweise wird poetisiert, indem die beteiligten Gerätschaften zu aktiven Helden umgewandelt werden. Nicht nur der Inhalt der Texte fängt dabei zu klingen an, auch die graphische Aufmachung verfremdet und verfeinert das Alltägliche. So sind die Gedichte alle rechtsbündig gesetzt, das Auge muss quasi in jeder Zeile neu einfädeln, ehe es dann rechts einem geordneten Informationshöhepunkt zugeht, und die Überschriften sind generell als Unterschriften ausgeführt, was ja ein gewisses Rätsel erzeugt: zuerst muss der Leser erraten, worum es geht, und erst dann wird er aufgeklärt mit der finalen Auflösung.
Mindestens so informativ wie die Gedicht-Zelle selbst ist bei C.H. Huber das Koordinatensystem der poetischen Habitate. Daher werden immer wieder vier fünf Gedichte zu einer Handvoll Lyrik-Land zusammengestellt.
Diese Segmente heißen im konkreten Fall der Poesie der Waschstraße: anderswie, anderswo, die späte, die poesie der waschstraße, mit munde, ständiger begleiter. Eine geographische Klammer bilden dabei die Reisegedichte, die in einer Bewegung in die Ferne gehen, in der Gegenbewegung unter dem Begriff Munde in die Nähe zwischen Zirl und Telfs rücken.
im wind // schillern / olivenbäume // du / thymian / der wilde / in deiner brust / sein lila / blass blau // durchs wilde kretastan (28)
Die einzelnen Gedichte reichen einander oft die Zeilenhände, sie sind Punkte des Innehaltens und der Konzentration. So lassen sich aus drei vier Gedichten ganze Kosmen der Empfindung zusammenstellen, eine lange Reise, festgemacht an ein paar Zeilen, eine lange Liebe, heftig zum Dampfen gebracht durch prägnante Fügungen. C.H. Hubers Gedichte sind scheinbar durchsichtig wie diese manchmal aufblitzenden Fischernetze, an denen sich das Auge verfängt.
C. H. Huber, die poesie der waschstraße. Gedichte
Innsbruck: Skarabaeus 2011, 86 Seiten, 14,90 €, ISBN 978-3-7082-3294-2