Peter J. Gnad, Kreiss' Lauf

Ein Spießrutenlauf wird meist vom Publikum mit entsprechendem Kreischen begleitet und jeder Läufer tut gut daran, in solchen Situationen auf sein eigenes Inneres zu hören.

Peter J. Gnad stellt den Helden Kreiss als geschundenen, getriebenen und ausgestoßenen Helden vor, der es fallweise mit sich selbst sehr laut und heftig angeht. Sein Lebenslauf knirscht praktisch von Kindheitstagen an.

Als der Roman einsetzt, ist der Held gerade wieder einmal an sein Ende gelangt. Er spielt mit der Waffe, setzt sie an die Stirn, malt sich das Ende aus und bringt es dann doch nicht fertig, sich selbst zu erlösen. So bleiben auch an diesem Tag nur die üblichen Erlösungsrituale: ansaufen und onanieren.

„Die Tage flossen dahin wie kaltes Öl.“ (55) Im zähen Brei des Dahin-Lavierens bricht manchmal ein Hass auf Akademiker aus, dann wiederum werden Alltagsthemen in Stammtisch-Manier abgehandelt, dazwischen gibt es mühsame sexuelle Zwischenspurts, die nicht selten mit einer satten Ampullen-Dosis in den Venen enden.

Quasi als letzten Ausweg, um zu sich selbst zu finden, tritt Krauss mit seinem Saxophon eine Reise nach Asien an, wo er sich in religiösen Regenwald-Ritualen aufzulösen versucht. „Er musste die nächste Zeit allein verbringen.“ (87) Aber die Reise endet fatal mit einer schweren Leber-Erkrankung, die ihn in die Nähe des Todes bringt. Treffend ist dieses Reisekapitel in die Nähe von Sisyphus gerückt, der sich immer wieder die Floskel vorsagt: Es geht aufwärts!

Von der notdürftigen Genesung ist Kreiss schließlich selbst am meisten überrascht. Im Überschwang beginnt er wieder zu saufen, „der Rest des Abends verbrachte sich selbst in Langeweile.“ (262)

Peter J. Gnad erzählt von einem Leben, das nicht vom Fleck kommt und das sich selbst immer tiefer in den eigenen Schlamm hineinwühlt, bis kein Fortkommen mehr möglich ist. Der Held wird nur dann aktiv, wenn es um die eigene Zerstörung geht. In weinseliger Laune sind immer auch die anderen die Schuld: „Es gab für alles irgendwelche Sprüche auf der Welt.“ (36)

Selbst die Musik bringt keine Kommunikation zur Umwelt, das Saxophongebläse versickert in sich selbst, sobald die Töne herausgepustet sind. Glücksgefühle brausen zwischendurch mit einer Geschwindigkeit durch die Seele, dass es Häuser abdeckt, wie der Held euphorisch meint. Ein bisschen Liebe kommt wieder, und der nächste Frühling ist gewiss. – Sarkastisch, ausweglos, niedergedröhnt.

Peter J. Gnad, Kreiss' Lauf. Roman.
Graz: Keiper 2012. 311 Seiten. EUR 22,50. ISBN 978-3-902901-01-9.

 

Weiterführender Link:
Edition Keiper: Peter J. Gnad, Kreiss' Lauf

 

Helmuth Schönauer, 17-12-2012
 

Bibliographie

AutorIn

Peter J. Gnad

Buchtitel

Kreiss' Lauf

Erscheinungsort

Graz

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Edition Keiper

Seitenzahl

311

Preis in EUR

22,50

ISBN

978-3-902901-01-9

Kurzbiographie AutorIn

Peter J. Gnad, geb. 1950 in Graz, lebt in Wien.