Lorenz Pauli, Oma - Emma - Mama
Der französische Philosoph, Historiker und Schriftsteller Hippolyte Taine erklärte vor mehr als 100 Jahren: "Jede Generation trägt ihre Zukunft und ihre Geschichte unbewusst und im Vorhinein in sich."
Dabei gestaltet sich das Verhältnis der Generationen oft gar nicht so einfach und reibungslos, wie sich Kinder das wünschen würden. Lorenz Paul hat sich in seinem Kinderbuch "Oma - Emma -Mama" seine Gedanken über die verschiedenen Sichtweisen gemacht, die zwischen den Generationen bestehen und weshalb sich Kinder mit ihren Großeltern manchmal besser verstehen, als mit ihren Eltern.
Emma ist ein kleines Chamäleon und will mit ihrer Großmutter verstecken spielen, aber diese meint zunächst lächelnd:
"Aber wir sind doch schon versteckt. Du bist ein Chamäleon, von uns sieht man sowieso fast nichts."
Aus Emma platzt es nun geradezu heraus, dass nie jemand mitmachen will, wenn sie sich etwas ausdenkt, dass sie nichts alleine machen darf, dass man ihr nicht glaubt und dass sie nichts bekommt. Schließlich macht Oma beim Versteckspiel mit und Emma versucht an allen möglichen und unmöglichen Stellen einen Ort zu finden, wo sie sich verstecken kann: im Stinkblütenbaum, im Schatten der Großmutter, zwischen Fledermäusen und stacheligen Tanreks, bei den Lemuren, auf einem Krokodil bis sie schließlich ein perfektes Versteck in einer Baumhöhle findet.
Oma macht sich auf die Suche, kann Emma aber nicht finden, bis schließlich Emmas Mutter nach Oma ruft:
"Oma, wo steckst du? Du sollst doch nicht alleine weggehen." Oma rollt die Augen: "Wenn ich etwas alleine machen will, dann darf ich nicht ..."
Auch Oma versteckt sich nun, um von Emma Mutter nicht gefunden zu werden und landet direkt in Emmas Versteck. Emma und Oma finden heraus, dass sie viele Gemeinsamkeiten haben. Beide fühlen sich von Emmas Mutter bevormundet: sie sollen nicht alleine weggehen, ihnen wird geholfen, auch wenn sie keine Hilfe benötigen und bei beiden glaubt Mama vieles besser zu wissen. Um einander noch besser verstehen zu können, tauschen Oma und Emma ihre Rollen. Emma setzt sich Omas Brille auf und Oma hält Emmas Puppe.
Als die beiden schließlich von Mama gefunden werden, bekommt sie Brille und Puppe:
Emma sagt: "Jetzt bist du Oma und Emma gleichzeitig, und wir beide sind Mama und wissen es besser und kümmern uns gut um dich."
Lorenz Pauli erzählt in seinem Kinderbuch "Oma - Emma - Mama" eine liebevolle Geschichte vom sich verstecken und sich wiederfinden und davon, wie sich die Sicht auf die Dinge verändern lässt, wenn man sich in den anderen hinein fühlt. Ein besinnliches Buch, in dem das Verhältnis der Generationen für Kinder thematisiert wird und das durch seine klare Sprache und aussagekräftigen Illustrationen überzeugen kann.
Lorenz Pauli, Oma - Emma - Mama. Ill. v. Kathrin Schärer, ab 4 Jahren
Zürich: Atlantis-Verlag 2010, 32 Seiten, 15,40 EUR, ISBN 978-3-7152-0607-3