Helmuth Schönauer, Aftero und Aftera

sch%C3%B6nauer_aftero.jpg„Eine Literaturgeschichte in Anekdoten ist genauso wahr oder falsch wie eine germanistisch durchkomponierte Geschichte. Gerade ein regionales Universalerlebnis wie Tirol wird ohne Anekdoten nicht auskommen, ist doch ganz Tirol eine Anekdote.“ (3)

Auf Wikipedia wird eine Anekdote als eine bemerkenswerte oder charakteristische Begebenheit, meist im Leben einer Person, definiert. Ihre wichtigsten Merkmale sind die Pointe, die Reduktion auf das Wesentliche und die scharfe Charakterisierung einer oder auch mehrerer Personen. „Aftero und Aftera“ konzentriert sich auf merkwürdige und außergewöhnliche Begebenheiten der jüngsten Vergangenheit in Tirol.

Unter dem Schlagwort „Beim Lesen“ wird u.a. ein satirischer Blick auf die vielen Versuche gelenkt, Lesen als Unterhaltungsevent zu verkaufen, während das Budget für die Leseförderung stagniert. Auch die baulichen Verhältnisse an der neuen Universitätsbibliothek kriegen reichlich ihr Fett ab:

Dabei laufen mittlerweile selbst die Bibliothekare verstört zwischen den Regalen herum und erzählen sich frühreife Witze über die Frühpension, weil sie diese Geräuschehalle nicht mehr aushalten und die abgeschrägten Wände hochlaufen, bis der Tag um ist. (15)

Neben Schlagworten wie „Beim Lesen“ werden die Anekdoten fein säuberlich in Kategorien aus dem Leben wie „Beim Schreiben“ „Beim Publizieren“ „Beim Lachen“ „Beim Essen“ „Beim Scheissen/Vorlassen“ „Beim Gehen“ und passend zum Abschluss „Beim Sterben“ unterteilt. Bei der Reise durch die Tiroler Literaturlandschaft und Lesewelt begegnen den Leserinnen und Leser immer wieder bekannte Einrichtungen und Personen, denen mit ehrfurchtsfreiem Witz in die Oberschenkel gekniffen wird.

Die wahre Hauptrolle, die sich - mal mehr mal weniger sichtbar - zwischen den Zeilen hindurchschlängelt, spielt die Tiroler Literatur-Provinz, mit all ihren kleineren und größeren Begebenheiten, in der Unwichtiges Aufmerksamkeit erhascht und Außergewöhnliches verborgen bleibt.

Tiroler Schriftsteller fallen durch alles Mögliche auf, nur nicht durch Texte. (91)

Helmuth Schönauer kurvt mit wachsamem Auge durch die Tiroler Provinz- und Literaturlandschaft und lässt mit einem immer wieder entlarvenden Blickwinkel, die vertraut vereinbarte Oberfläche in einem neuen Farbton erscheinen.

Eine überaus lesenswerte und unterhaltsame Textsammlung mit Wiedererkennungseffekt bei Personen und Ereignissen in der mit viel Witz und spitzer Zunge der Welt des „Tiroler Provinzalltags“ Geschichten entlockt und zu Anekdoten gegossen werden.

Helmuth Schönauer, Aftero und Aftera. Tiroler Gegenwartsliteratur in Anekdoten, ill. v. Helmuth Schönauer
Innsbruck: Kyrene Verlag 2018, 188 Seiten, 13,90 €, ISBN 978-3-902873-63-7


Weiterführende Links
Kyrene Verlag: Helmuth Schönauer, Aftero und Aftera
Wikipedia: Helmuth Schönauer

 

Andreas Markt-Huter, 04-06-2018

Bibliographie

AutorIn

Helmuth Schönauer

Buchtitel

Aftero und Aftera. Tiroler Gegenwartsliteratur in Anekdoten

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

Kyrene Verlag

Illustration

Helmuth Schönauer

Seitenzahl

188

Preis in EUR

13,90

ISBN

978-3-902873-63-7

Kurzbiographie AutorIn

Der Schriftsteller, Satiriker und Bibliothekar Helmut Schönauer schrieb neben Kurzgeschichten, Gedichten, Satiren und Romanen auch eine fast lückenlose Sammlung von Rezensionen zur Tiroler Gegenwartsliteratur.