Michael Hochgeschwender, Die Amerikanische Revolution

Titelbild: Michael Hochgeschwender, Die Amerikanische Revolution„Damit stellen sich die Demonstranten ganz bewusst und ohne jeden Selbstzweifel in die Tradition eines besseren, revolutionären Amerika, jener guten alten Zeit, als die USA noch weiß, protestantisch, tugendhaft, frei und voller Optimismus waren, einer Zeit allerdings, die so womöglich nie existiert hat.“ (7)

Während die amerikanische Revolution in gängigen Geschichtsbüchern und patriotischen Historienfilmen nicht selten als Kampf eines freiheitsliebenden Volkes gegen einen monarchischen Unterdrückungsstaat vermittelt wird und damit quasi als Startschuss für die revolutionäre Entwicklung in Europa erscheint, erweist sie sich bei nähere Betrachtungsweise als „ein komplexes, mitunter widersprüchliches historisches Ereignis“ (9). Michael Hochgeschwendner zeigt in seinem Buch detailliert, dass sich der nationale Gründungsmythos der USA, als Kampf der freiheitliebenden amerikanischen Patrioten gegen die arroganten, despotischen Briten, in der Geschichtsschreibung der Gegenwart nicht mehr aufrechterhalten lässt.

Im ersten Kapitel „1763: Am Vorabend der Revolution“ werden zunächst die unterschiedlichen Verhältnisse in den britischen Kolonien in Nordamerika beleuchtet, die in den einzelnen Regionen mitunter sehr unterschiedliche gesellschaftliche Verhältnisse vorzuweisen hatten. Ausgehend von der „Boston Tea Party“ wird die Zeit noch einmal zurückgedreht und erklärt, was der Entwicklung zum offenen Aufstand vorausgegangen war. Dabei spielt der große Konflikt zwischen England und Frankreich um die Vorherrschaft in den Kolonien im siebenjährige Krieg eine zentrale Rolle, den England durch die tatkräftige Unterstützung seiner amerikanischen Siedler für sich entscheiden konnte.

Das zweite Kapitel „Der Sturm zieht auf“ wechselt zwischen den politischen Ereignissen und Entscheidungen in Großbritannien und Amerika und stellt die unterschiedlichen Betrachtungsweisen der politischen Akteure dar, aus der sich im Laufe der Zeit zahlreiche eigenständige Bewegungen entwickeln, wie z.B. die Patriot Whigs in England oder die Sons of Liberty in Amerika, die den Konflikt am Ende eskalieren lassen. Dazu gehörte auch, dass die amerikanischen Whigs enttäuscht waren, von England nicht als gleichberechtigter Partner akzeptiert zu werden.

Unter dem Wahlspruch „No Taxation without Representation“ wurde die verlangte Zollabgabe auf Tea der Ostindienkompanie zum Auslöser für den Aufstand gegen die britische Oberhoheit. Der Revolutionskrieg gegen England wurde jedoch nur von einem Teil der amerikanischen Bevölkerung getragen, während sich große Teile neutral verhalten oder sich auf die Seite des britischen Mutterlandes gestellt haben.

Neben der Darstellung des wechselnden Kriegsverlaufs, in dem beiden Seiten ein ähnlicher Schwerpunkt gewidmet wird, beschäftigen sich einzelne Abschnitte auch mit der Rolle der amerikanischen Sklaven und der Indianerstämme im Krieg. Sozialgeschichtlich werden Themen wie Tross und Lagerleben, Krankheiten, Medizin, die Ökonomie des Krieges, die Rolle der Frau und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Gegnern, Verrätern und Neutralen im Krieg behandelt.

Das abschließenden Kapitel „Aufräumen und Aufbauen“ versucht die Entwicklung und die Probleme des neuen Staates nach dem Frieden von Paris 1783 darzustellen. Dabei werden die „Geburtswehen“ aufgezeigt, die mit der Errichtung der jungen Republik und ihrer neuen Institutionen verbunden waren, zu denen die Verteilung der Kompetenzen und Macht zu den spannungsreichsten zählt, und mit dem Jahr 1815 einen vorläufigen Abschluss gefunden haben.

Michael Hochgeschwender gelingt es Geschichte lebendig werden zu lassen, indem er die Standpunkte der geschickt die unterschiedlichsten Standpunkte der verschiedenen Akteure und Kontrahenten kritisch nebeneinanderstellt und die deren Interessen verständlich und nachvollziehbar aufzeigt. Dabei werden auch die Gründe und Ursachen der zunehmenden Radikalisierung und Gewalt erläutert, die für den weiteren Verlauf der amerikanischen Geschichte von großer Bedeutung waren.

Ein überaus spannend zu lesendes und gleichzeitig informatives Sachbuch, das auch die historischen Wurzeln der innenpolitischen, außenpolitischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den USA der Gegenwart erkennen und verstehen lässt.

Michael Hochgeschwender, Die Amerikanische Revolution. Geburt einer Nation 1763 – 1815, mit 28 Abbildungen und 7 Karten
München: C.H. Beck Verlag 2016, 512 Seiten, 30,80 €, ISBN 978-3-406-65442-8


Weiterführende Links:
C.H. Beck Verlag: Michael Hochgeschwender, Die Amerikanische Revolution
Wikipedia: Michael Hochgeschwender

 

Andreas Markt-Huter, 09-05-2018

Bibliographie

AutorIn

Michael Hochgeschwender

Buchtitel

Die Amerikanische Revolution. Geburt einer Nation 1763 – 1815

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

C. H. Beck Verlag

Illustration

28 Abbildungen und 7 Karten

Seitenzahl

512

Preis in EUR

30,80

ISBN

978-3-406-65442-8

Kurzbiographie AutorIn

Michael Hochgeschwender ist Professor für Nordamerikanische Kulturgeschichte, Empirische Kulturforschung und Kulturanthropologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.