Wolfgang Pollanz, Hasta la vista, baby

wolfgang pollanz, hasta la vista, babyEs gibt so messerscharfe Jahre, die eine Biographie in vorher und nachher trennen. Für die Jahrgänge der 1950er Jahre gibt es um 1970 herum diesen Einschnitt, wo der Hippie-Boom vorbei und der Kampf gegen den Vietnamkrieg aufgenommen ist. Als markanter Roman über diese Zeit gilt Peter Handkes „Der kurze Brief zum langen Abschied“. Darin fährt der Held einsam und abseits aller Weltgeschehnisse durch Amerika, um am Schluss seinem Bruder beim Holzfällen zuzuschauen.

Wolfgang Pollanz, Jahrgang 1954, schickt seinen Helden Arno Weissenegger in ähnlicher Mission durch Kalifornien. Dieser ist Bodybuilder und Steirer und versucht eine Weltkarriere, für die durchaus Schwarzenegger Vorbild ist, obwohl im Vorspann ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es mit niemandem eine Ähnlichkeit gibt, höchstens in einem Paralleluniversum.

Der Roman läuft an der Oberfläche wie ein meisterlicher Privatdetektiv-Roman ab, der Held hat kein Geld, heuert in einer Detektei an, die gerade zwischen die Fronten von Mafia-Clans aus Kuba und Albanien geraten ist. Unschuldig stößt er auf eine Leiche und nimmt vorsichtshalber Heroin mit, das ihm nicht gehört. Der albanische Clan dreht mächtig auf und malträtiert den Helden ordentlich, bis das große San-Fernando-Valley-Erdbeben alle gleichmacht und den Fall einebnet.

Unter dieser Erzähl-Folie verläuft ein Graben voller Anspielungen, verkabelter Metatexte, Musikanalysen und steirischer Heldentaten. Arno Weissenegger stolpert immer wieder über seine steirischen Wurzeln, so hoch kann er das Bein gar nicht halten. Er unternimmt Aktionen, weil sie Kult sind, und nicht, weil sie notwendig wären. Zum Privatdetektiv wird er nur deshalb, weil ihm der Begriff „Privat Eyes“ an der Kanzleitüre so gut gefällt.

Als Dokument eines gewissen Zeitgeistes werden im Roman besonders die Automarken, die Hits und die passende Literatur gewürdigt. Als roter Untergrundfaden von Geheimlektüre zieht sich dabei Thomas Pynchons „The Crying of Lot 49“ durch den Text. Wer einmal das Wort WASTE für den Sinn der Welt gehalten hat, wird diese Buchstabenfolge nie mehr los.

Das Ende ist ein Geräusch, das als Hasta la vista, baby wahrgenommen wird. Es ist Lautfolge, Zitat und Sinn in einem.

Wolfgang Pollanz erzählt natürlich den Nachfahren der Siebziger Jahre, wie es damals interkontinental zugegangen ist, was Träume, Wahrheit, Kriege und Zukunft betrifft. Und der eigenen Generation erzählt er jenen Lebensumbruch, der um 1971 eingesetzt hat, als es plötzlich mehr als nur zwei Bands gegeben hat, mehr als Thomas Bernhard und Peter Handke, mehr als dieses bunte Suhrkamp-Regal, das eine ganze Generation in der geschlossenen Wissensanstalt gehalten hat. Die Figur des steirischen Arno Weisseneggers macht für uns die letzten Atemzüge der bunten kalifornischen Welt, ehe dann alles anders geworden ist.

Wolfgang Pollanz, Hasta la vista, baby. Roman
Wien: Milena Verlag 2017, 195 Seiten, 18,50 €, ISBN 978-3-9029-5094-9

 

Weiterführende Links:
Milena Verlag: Wolfgang Pollanz, Hasta la vista, baby
Wikipedia: Wolfgang Pollanz

 

Helmuth Schönauer, 13-06-2017

Bibliographie

AutorIn

Wolfgang Pollanz

Buchtitel

Hasta la vista, baby

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Milena Verlag

Seitenzahl

195

Preis in EUR

18,50

ISBN

978-3-9029-5094-9

Kurzbiographie AutorIn

Wolfgang Pollanz, geb. 1954 in Graz, lebt in Wies.