Barbara Aschenwald, Lichter im Berg

barbara aschenwald, lichter im bergIn der modernen Tourismusindustrie wird den Gästen eine zweifache Eroberung des Gebirges schmackhaft gemacht. Einmal sollen sie ihre Körper auf diverse Gipfel schwingen, zum anderen sollen sie nach der körperlichen Anstrengung die Sagen, Mythen und Fiktionen aus dem Gestein herausklopfen. Daher boomen Sagen-Safaris, Dorfschreibstuben und Ofengeschichten.

Barbara Aschenwald hat sich für ihre Erzählungen „Lichter im Berg“ auf den Weg nach Galtür gemacht, um den Einheimischen zuzuhören und daraus Geschichten für verweilende Gäste zu machen. Der Paznauner Ort Galtür ist für seine Lawinenkatastrophe in der jüngeren Geschichte bekannt, noch mehr aber für sein psychologisches Aufarbeitungsprogramm, bei dem man Traumatisierte unter anderem mit Geschichten zu heilen versucht.

Ein paar Geschichten aus Barbara Aschenwalds Zuhör-Sammlung beschäftigen sich unmittelbar mit dem Ort Galtür, der die Sammlerin vor allem mit der Silbe Tür fasziniert, weil diese direkt ins Innere des Gebirges führt.

Ein 42-jähriger Gast namens Kaltwasser sitzt verstört im Ort herum und murmelt immer etwas vom Sinn des Lebens. Das Abendlicht fordert seine Phantasie heraus, manche Dinge beginnen zu sprechen, ein Zaun sagt, dass ihn jemand gezimmert hätte. Der Psycho-Urlaub schlägt beim Helden offensichtlich gut an, er kriegt seine Unordnung wieder auf die Reihe und ruft am Ende gar seine Frau an, dass er wieder nach Hause kommen werde.

In der Titel-gebenden Geschichte werden die Erzählungen wie „Lichter im Berg“ ausgegraben und vorgestellt. Kleine Begebenheiten wie das ewige Licht, können einen Rattenschwanz von unsterblichen Gedanken auslösen.

Und im Schein der schimmernden Lichter wohnt das Leben. (33)

Regionale Gegebenheiten wie der Ausserwind oder das magische Wetterwüten der Guxa wühlen die Talschaft auf, ein Bäcker bäckt die ganze Nacht durch Brot, um die Bedrohung zu zähmen, am Morgen hat sich alles gelegt und die Menschen verzehren ihre Guxa-Laibe.

Manchmal wird sehr ums Eck gedacht, um doch noch zu einem Funken Galtür zu kommen, so liegt jemand im Krankenhaus und als man ihn fragt, wo er her sei, sagt er das Passwort Galtür und die Geschichte darf in die Sammlung.

Während ein Mann und ein Mädchen irgendwo unter Zypressen landen und den rettenden Ort Galtür als Asyl nicht erreichen, brechen Bronze und Rost aus der Zeit aus und huldigen noch der archaischen Almwirtschaft und der Säumerei, wobei manches ins Easy-Museale hinübergleitet trotz der Anstrengung der Arbeit.

Barbara Aschenwald erweist sich als dankbare Zuhörerin und schreibt die Geschichten manchmal holzschnittartig auf, wie die Menschen in dieser Gegend eben reden. Zwischendurch bringt sie etwas Theater-Moral mit ins Gebirge und schwärmt davon, dass alle Menschen gut sind. Das Geschäft lässt sie tunlichst beiseite, schließlich soll der Tourismus als etwas zutiefst Menschliches und nicht als Handelsware angekurbelt werden und viele Gäste zu den Lichtern im Berg locken. - Erzählen als Startup-Geschäftsmodell, vielleicht sogar ein ehrliches Unterfangen.

Barbara Aschenwald, Lichter im Berg. Elf und eine Erzählung
Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag 2018, 221 Seiten, 20,60 €, ISBN 978-3-455-00298-0

 

Weiterführende Links:
Hoffmann und Campe Verlag: Barbara Aschenwald, Lichter im Berg
Wikipedia: Barbara Aschenwald

 

Helmuth Schönauer, 20-02-2018

Bibliographie

AutorIn

Barbara Aschenwald

Buchtitel

Lichter im Berg. Elf und eine Erzählung

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

Hoffmann und Campe Verlag

Seitenzahl

221

Preis in EUR

20,60

ISBN

978-3-455-00298-0

Kurzbiographie AutorIn

Barbara Aschenwald, geb. 1982 in Schwaz, lebt in Buch.