Klaus Lohrmann, Die Babenberger und ihre Nachbarn

klaus lohrmann_die babenberger„Dieses Buch beschäftigt sich mit den Babenbergern und ihren Nachbarn. Eine der Entwicklungslinien erreicht ihr Ziel, wenn im Herrschaftsgebiet der Babenberger die »Unsrigen« leben und diese sich den Bayern entfremdet haben.“ (S. 13)

Klaus Lohrmann erzählt die 270-jährige Geschichte der Babenberger in Österreich, vor allem aber das Verhältnis und die Beziehungen der Babenberger zu ihren Nachbarn. Darüber hinaus muss der Herrschaftsraum „Ostarrichi“ aber auch als Teil eines von den Königen und Kaisern regierten Verbandes betrachtet werden, die sich für die Ordnung und Ökumene in ihrem Reich verantwortlich sahen.

Zunächst geht Lohrmann der Frage nach der Gemeinschaft, dem „Wir Gefühl“ eines Verbandes nach, mit dem sich bestimmte Herrschaftsgebiete von anderen abgrenzen oder im Laufe der Geschichte abzugrenzen beginnen, im speziellen die Babenberger mit Ostarrichi von den Bayern. Skizziert wird sowohl das Verbindende als auch das Trennende, das die Nachbarn zu Fremden, Feinden aber auch Freunden macht. Dies drückt sich in alten Belegen immer wieder in der Bezeichnung „nostrati“, „die Unsrigen“ im Gegensatz zu den meist feindlich betrachteten Anderen aus.

Eine weitere zentrale Frage geht der Untersuchung nach der kulturellen und politischen Entwicklung und der Formation eines „österreichischen“ Herrschaftsverbandes, wobei die Babenberger als Teil des „ehemals großfränkischen Kultur- und Herrschaftsverbandes“ (S. 15) betrachtet werden. Aus der fränkisch-römischen Vorstellung eines Imperiums entwickelte sich die mittelalterlichen Herrschaftsgebilde, die im Weste als „regna“ bezeichnet werden, während sich im Osten „Stammesherzogtümer“ zu einer ostfränkischen Einheit zusammenschließen.

Ausgehend von einem Blick auf das „Ergebnis der Herrschaft der Babenberger“ zur Zeit Friedrichs des Streitbaren geht der Blick wieder zurück in die Anfänge der Babenberger-Herrschaft und beleuchtet zunächst die Anfänge dieser Entwicklung vom Beginn der Markgrafschaft mit Leopold I. an, wobei die „Mark im Herrschaftsgefüge des Reiches und ihre Nachbarn“ untersucht werden.

Die weiteren Kapitel vergleichen die Marken und ihre gesellschaftspolitische Ordnung in der Zeit der ottonischen Kaiser und setzen sich mit den Ungarn als Nachbarn der Bayern, sowie der Entstehung des Königreichs Ungarn unter Stephan näher auseinander. Dabei kommt auch die Geschichte der bayerischen Einwanderung in Ungarn und im ungarischen Grenzraum zur Sprache.

Neben Ungarn vermehren sich auch die Kontakte zu den nördlichen Nachbarn an der Grenze zu Mähren, womit die Nachbarn der Babenberger endgültig ins Zentrum der Betrachtung rücken, wobei vor allem die Beziehungen und Auseinandersetzungen mit Ungarn, Böhmen und Mähren, aber auch die Gebiete der späteren Steiermark sowie in spätere Zeit das Verhältnis der Babenberger zu den bayerischen Welfen im Mittelpunkt stehen.

Vor allem die Rolle der von den Babenbergern regierten Mark im bayerischen Machtgefüge sowie die Rolle der Babenberger im staufisch-welfischen Konflikt, sowie in den Machtkämpfen im Herzogtum Bayern werden eigene erklärende Kapitel gewidmet, mit denen die zunehmende Selbstständigkeit und Abgrenzung der babenbergischen Gebiete vom Herzogtum Bayern erläutert wird. Die letzten Kapitel zeichnen die nachbarschaftlichen Verhältnisse der Babenberger nach der Erhebung Österreichs in ein Herzogtum, die Übernahme der Herrschaft in der Steiermark sowie die Konflikte mit Bayern und Ungarn bis zum Tod Friedrichs des Streitbaren in der Schlacht an der Leitha.

Klaus Lohrmann zeichnet mit viel Fachwissen über die Entstehung von Herrschaft, ihren Trägern und von Konflikten ein Bild der Herrschaft der Babenberger im Raum des heutigen Österreich, wobei er speziell das Verhältnis zu ihren Nachbarn sowie die Emanzipation „Österreichs“ vom bayerischen Herrschaftsverband ins Auge fasst.

Dabei macht der Blick von den Verhältnissen in Österreich am Ende der Herrschaft der Babenberger auf die Entwicklungsschritte beginnend mit den Anfängen ihrer Herrschaft einen besonderen Reiz der Darstellung aus.

Eine überaus empfehlenswerte Monographie, die alle, die sich für österreichische Geschichte im Mittelalter interessieren, begeistern wird. Die klare Struktur und Gliederung und die verständliche Sprache machen das Geschichtswerk zu einer lesenswerten Reise in die Anfänge Österreichs.

Klaus Lohrmann, Die Babenberger und ihre Nachbarn
Wien: Böhlau Verlag 2019, 376 Seiten, 52,00 €, ISBN 978-3-205-20636-1

 

Weiterführende Links:
Böhlau Verlag: Klaus Lohrmann, Die Babenberger und ihre Nachbarn
Wikipedia: Klaus Lohrmann

 

Andreas Markt-Huter, 23-03-2020

Bibliographie

AutorIn

Klaus Lohrmann

Buchtitel

Die Babenberger und ihre Nachbarn

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2019

Verlag

Böhlau Verlag

Seitenzahl

376

Preis in EUR

52,00

ISBN

978-3-205-20636-1

Kurzbiographie AutorIn

Klaus Lohrmann studierte Geschichte, Byzantinistik und Romanistik an der Universität Wien und ist a.o. Univ. Prof für Mittelalterliche Geschichte. Er beschäftigt sich mit der Entstehung von Herrschaften, ihren Trägern und ihren Konflikten in der Entstehungszeit europäischer Ordnung.