Rébecca Dautremer, Das Stundenbuch des Jacominus Gainsborough
„Als Beatrixd Gainsborough ihren letzten Enkel zur Welt kommen sah, war sie verrückt vor Freude. »Er soll heißen wie sein Großvater«, erklärte sie. »Ist dieser Name nicht ein bisschen lang für so einen Winzling?«, fragte die Mama.“
Um der Großmutter eine Freude zu bereiten erhält der Held des Buches schließlich den Namen „Jacominus“, nach seinem Großvater „Jacominus Stan Marlow Lewis Gainsborough“.
Zunächst wird von seiner Familie und seinen Freunden berichtet, die Jacominus geliebt haben, auch wenn dem Vater ein schlechter Charakter und der Mutter Komplexe attestiert werden. Aber auch Jacominus wird nicht idealisiert, sondern als Person mit Fehlern betrachtet.
Jacominus wird als Winzling beschrieben, der nicht sehr gesprächig dafür aber häufig abwesend war, was vermutlich zu seinem Unfall geführt hat, bei dem er über ein Holzscheit gestolpert war. Er stürzte dabei die vier Stufen der Verandastiege hinunter und verletzte sich ein Bein.
„Von diesem Tag an war eines seiner Beine immer ein wenig schwächer als das andere.“
Im Laufe der Jahre versucht Jacominus seinen Platz in der Welt zu finden und ständig dazu zu lernen. Er lernt zuzuhören, hinzusehen, zu riechen, nachzudenken und vieles mehr. Jacominus hat sein eigenes Wesen. Er liebt es, seinen eigenen Weg zu gehen, auch wenn er gerne mehr mit seinen zahlreichen Freunden zusammen gewesen wäre. Seiner Großmutter zuliebe aber zog er es vor zu lesen und Englisch zu lernen und von schönen und heldenhaften Dingen zu träumen.
Neben Englisch lernt Jacominus noch Russisch, Italienisch, Korsisch, Latein, Persisch, Kabylisch und Vietnamesisch, bis er eines Tages mit dem Schiff in die Ferne reist, um seine Sorgen zu vergessen. Er trifft viele andere und erfährt viel über das Leben, über Glück und Pech und über unterschiedliche Charaktere und Lebensphilosophien. So vergehen die Jahre und Jacominus wird Vater und Großvater bis schließlich sein Stundenbuch zugeschlagen wird.
Rébecca Dautremer erzählt eine wunderbare Geschichten vom Leben, von der Geburt bis zum Tod. Und auch wenn die weniger schönen Momente nicht verschwiegen werden, begleiten die jungen Leserinnen und Leser Jacominus Gainsborough durch sein erfülltes Leben, das von seinem philosophischen wachen Blick für die Welt getragen wird.
Ein überaus empfehlenswertes und schön gestaltetes Kinderbuch mit einem poetischen Text und nicht weniger poetischen Illustrationen, die zum gemeinsamen Vorlesen und Betrachten geradezu einladen. Eine Lesefreude für Jung und Alt!
Rébecca Dautremer, Das Stundenbuch des Jacominus Gainsborough. Ill. v. Rébecca Dautremer, übers. v. Eva Moldenhauer [Orig. Titel: Les riches heures de Jacominus Gainsborough], ab 6 Jahren
Berlin: Insel Verlag 2019, 56 Seiten, 20,60 €, ISBN 978-3-458-17838-5
Weiterführende Links:
Insel Verlag: Rébecca Dautremer, Das Stundenbuch des Jacominus Gainsborough
Wikipedia: Rébecca Dautremer (frz.)
Andreas Markt-Huter, 04-06-2020