Lukas Meschik, Die Räume des Valentin Kemp

lukas meschik, die räume des valentin kempDie beunruhigenden Romane setzen oft mit einem Kontrollverlust des Erzählers ein, mal erwacht einer als Käfer, dann wird er auf einem Boulevard erstochen oder jemand tritt auf einen zu und es ist dunkel.

Bei Lukas Meschik erwacht der Held Valentin in einem fremden Raum. Er ist in einem Pub gewesen und vielleicht hat man ihm etwas ins Getränk gegeben. Andererseits scheint alles gut vorbereitet zu sein, als hätte das erste Mal in seinem Leben jemand auf ihn gewartet.

Der Ich-Erzähler reißt die Augen auf und scannt den Raum, es ist alles da, was man zum  Leben braucht, also auch ein Stapel leeren Papiers mit Schreibzeug. Dieser Raum eins, wie ihn der Held nennt, ist vielleicht der ideale Schreibraum, man wird in ihn hineingestoßen und muss mit seinem Stoff zurechtkommen. Draußen wartet die Freundin Marion, vielleicht sollte man für sie alles aufschreiben für den Fall, dass man es überlebt. Und letztlich ist dieser Kellerraum ohne Tür nichts Ungewöhnliches, ist doch ganz Österreich eine düstere Kellernation. (39)

Ich bin verlegt worden! (57)

Valentin Kemp verwendet für Raum zwei eine Fügung, die auf eine Verlegung in der Anstalt, Klinik oder in einem Lager hindeuten. Aber allmählich wird klar, dass er in die Fänge eines Psychopaten geraten ist. Und auch die Erinnerungen werden immer unförmiger und maßloser, so erinnert er sich nur an die vielen Taschentücher nach dem Sex aber nicht an den Sex mit Marion. Und auch imaginierte Zugreisen als Zeitvertreib erweisen sich als stinkende Menschenmasse.

Die Menschen sind ein einziger Kotzgrund. (67)

Im Raum drei spricht der Erzähler von einem Raum-Verbund, wenn nicht gar von einem Haus. Eine Figur setzt sich ihm gegenüber und gibt sich als Pavel aus. Es kann aber alles eine Sinnestäuschung sein, denn das Wesentliche sind die Zwischenbereiche. Valentin schreibt jedenfalls einen sinnlichen Brief, worin er unbedingt ein Kind will, sollte sich je die Lage aufklären.

Im Raum vier ist dann Marion da und bringt Kaffee.

Ich sitze an meinem Fenster zur Welt. Es erzählt mir und bebildert das Erzählte. (136)

Im letzten Raum ist Marion weg und auch der Held ist schon verschwunden oder hat die Rolle gewechselt. Alles deutet darauf hin, dass demnächst eine Geisel kommen wird, die sich ähnlich benehmen wird wir er selbst, oder die vielleicht wieder er selbst ist.

Lukas Meschik erzählt von diesen magischen Räumen, in welche die Schriftsteller alle eingesperrt sind, wenn sie schreiben. Das Erzählte kann erfunden sein, das Aufgeschriebene eine Meditation, die Gedanken eine Liebeserklärung. Wahrscheinlich muss sich auch der Leser einsperren, um das alles zu verstehen. Oder noch besser, vielleicht wird der Leser entführt und in Geiselhaft genommen vom Autor.

Lukas Meschik, Die Räume des Valentin Kemp. Roman
Innsbruck: Limbus Verlag 2018, 187 Seiten, 18,00 €, ISBN 978-3-99039-118-1

 

Weiterführende Links:
Limbus Verlag: Lukas Meschik, Die Räume des Valentin Kemp
Wikipedia: Lukas Meschik

 

Helmuth Schönauer, 03-05-2018

Bibliographie

AutorIn

Lukas Meschik

Buchtitel

Die Räume des Valentin Kemp

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

Limbus Verlag

Seitenzahl

187

Preis in EUR

18,00

ISBN

978-3-99039-118-1

Kurzbiographie AutorIn

Lukas Meschik, geb. 1988 in Wien, Kitzbüheler Stadtschreiber 2013, lebt in Wien.