Georg Haderer, Der bessere Mensch

Buch-Cover

Ist es manchmal schon schwer, ein guter Mensch zu sein, so ist es nahezu unmöglich, ein besserer Mensch zu werden.

Niemand weiß das besser als der Wiener Polizeimajor Schäfer, den eine harte Psycho-Krise durch den Alltag jagt. Die Gegenmittel strotzen nur so von gutem Willen: selbst-dosierte Tabletten einwerfen, bis nach Mitternacht am Balkon sitzen, in der alten Donau schwimmen, mit der Freundin telefonieren, und immer wieder zur Therapie beim Psychiater hin schleichen.

Dass man immer ein besserer Mensch sein muss...wenn man diese Arbeit ernst nimmt...das zehrt...da wird man...aber ich will jetzt nicht wehmütig werden...wenn Sie meine Unterstützung brauchen, bin ich jederzeit für Sie da.(31)

Neben diesem aufwändigen Restaurierungsprogramm an sich selbst versieht Schäfer auch noch Dienst, wenn auch auf emotional höchst unberechenbare Weise. Und er bekommt es auf Anhieb mit einem ordentlichen Fall zu tun. Einem ehemaliger Nationalrat aus der rechten Szene wird mit Säure das schwächste Organ entfernt: der Kopf. Während noch gerätselt wird, ob das Opfer bei seiner Hinrichtung wenigstens betäubt war, tauchen schon die ersten Spuren auf, Haarbüschel mit der DNA eines vor Jahren Verstorbenen.

Schäfer rastet ordentlich aus, freilich nicht bei seinem Hauptfall sondern an einer Nebenfront, ein Mädchen liegt tot in einem türkischen Handy-Shop. Schäfer zertrümmert bei der ersten Tatort-Besichtigung die Einrichtung, damit es wie ein echter Tatort aussieht.

Überhaupt haben die Psychopharmaka aus Schäfer vielleicht subjektiv einen besseren Menschen gemacht, für die Umwelt wird er zusehends unerträglicher und zu einer Verschnaufpause nach Salzburg geschickt. Das kommt dem Fall aber zugute, denn der spielt ohnehin in Salzburg weiter und gleitet vollends in die Psychiatrie ab.

Alte Hirnhauterkrankungen, untergetauchte Psychopathen, psychologische Experimente, chirurgische Hirnforschungen, dazwischen allerhand alte Fälle als Flashback - vielleicht spinnt Schäfer vollkommen, vielleicht hat sich aber auch die Psychiatrie als Ganzes verselbständigt und ist aus der Political Correctness verschwunden. Dramatisch und letztlich logisch geht der Fall zu Ende.

Die Krimi-Kunst des Georg Haderer besteht darin, dass man als Leser völlig das Genre vergisst. Man will wissen, wie dieser Schäfer sich durchs Leben schlägt und die Tage mit Überlebenstraining verbringt. Manche Sequenzen erleben sowohl der Protagonist als auch der Leser ziemlich psychodelisch. Vielleicht gibt es literarisch gesehen neben dem inneren Monolog so etwas wie den pharmazeutischen Monolog. Georg Haderer eröffnet völlig neue Zugänge zur Alltagswelt!

Georg Haderer, Der bessere Mensch. Kriminalroman.
Innsbruck: Haymon 2011, 328 Seiten, 19,90 €, ISBN 978-3-85218-631-3

 

Weiterführender Link:
Haymon-Verlag: Georg Haderer, Der bessere Mensch

 

Helmuth Schönauer, 15-08-2011

 

 

Bibliographie

AutorIn

Georg Haderer

Buchtitel

Der bessere Mensch

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Haymon

Seitenzahl

328

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-85218-631-3

Kurzbiographie AutorIn

Georg Haderer, geb. 1973 in Kitzbühel, lebt in Wien.