Albert Ennemoser, Dreimal tot

albert ennemoser, dreimal totWie in einer Galerie sind sie ausgehängt als Sterbe-Parten des Alltags: Drei seltsame Geschichten! Sie sind wirklich Krimis der anderen Art, weil sie keine Zeit haben, sich mit Krimi-Ritualen herumzuschlagen.

Albert Ennemoser arbeitet seine Fälle ab wie Bilder, konzentriert, üppig und dennoch konzis. Er beschriftet seine Fälle auch kurz und bündig wie Illustrationen: Der Wohltäter. Der Kater. Der Fund. Die Geschichten wehen durch den Alltag als aufgelassene Spinnennetze. Dann kommt jeweils ein Erzähler ins Spiel und am Schluss ist die Sache raffiniert zu Ende gebracht, es kommt der Tod. Und dennoch endet „Dreimal tot“ völlig unspektakulär.

„Der Wohltäter“ meldet sich eines Tages ganz unverfroren beim Erzähler und hinterlegt eine Theaterkarte. Dabei ist der Held ziemlich abgebrüht, wie der erste Satz beweist. „Bei mir zu Hause wohnt der Tod.“ Als Künstler geht der Erzähler keinem Thema aus dem Weg, so ist es kein Wunder, dass selbst zum Tod ein freundschaftliches Verhältnis besteht, das man zwischendurch porträtieren kann. „Vielleicht bin ich aus meiner Verlorenheit heraus Zeichner geworden.“ Der Held schaut sich das Theaterstück „Der Wohltäter“ an und ist verblüfft, dass die Story nach dem Abend weitergeht. Es ist bereits das nächste Ticket hinterlegt, es geht nach Mazedonien. Die Menschen dort wissen scheinbar, dass der Künstler kommt und nehmen ihn mit hintergründigen Blicken auf, der Bürgermeister hat in Innsbruck studiert und kennt daher die Seele eines alpinen Künstlers. Der Erzähler reist heimlich und auf eigene Faust nach Samos, und siehe, es ist schon wieder alles vom Wohltäter eingefädelt. Wo immer er hingeht, es scheint alles gratis zu sein. Doch dann wird ihm ganz anders zumute, als jemand kundtut, dass auch das Begräbnis schon bezahlt ist.

In diesem Stück, das plötzlich von der Bühne heruntersteigt und einen Zuschauer zum Protagonisten eines Live-Stückes macht, geht es wie in der „Trumen-Show“ um den freien Willen, dieses Mal dargestellt mit einem Künstler, der scheinbar frei alle Pfade beschreitet, die ihm der Wohltäter in Gestalt von Zuwendungen und Subventionen angedeihen lässt.

„Der Kater“ ist in der gleichnamigen Erzählung der ruhende Pol einer Geschichte rund um die wilde Hilde. Der Kater spielt auch fehlerfrei bei einem Mord mit, wenn es verlangt wird. Im Ambiente des Voll-Proletariats wird in vollmundiger Sprache alles herausgekotzt, was sich zwischen den Trinkpausen an Wut angesammelt hat. Die Verhältnisse sind ungeordnet, Männer müssen Frauen ausnehmen und Frauen die Männer. Der Kater Rasputin schaut dabei durchaus einmal in der Nachbarwohnung vorbei, um falsche Spuren zu legen, wenn jemand umgebracht werden muss.

Die Figuren rund um den Kater hauen voll auf den Putz und halten die familiären Reibereien so lange für einen Freiheitskampf, bis es dann tödlich wird. Zumindest Rasputin stirbt am Höhepunkt seiner Mission.

„Der Freund“ schließlich ermöglicht als Toter dem Erzähler eine neue Identität. Am Fuße einer Felswand findet der Erzähler ein halb-kaputtes Skelett, da niemand vermisst wird, recherchiert der Held auf eigene Rechnung und nimmt dabei die Identität des Toten an. Er googelt sich zu diesem Zweck einen Durchschnitts-Patrick zusammen, weil er von der fixen Idee ausgeht, dass es sich um einen irischen Bergsteiger handeln müsse. Die Geschichte ufert schließlich so weit aus, dass der Held jegliche Fähigkeit zur Identität verliert. Selbst ein Aufruf im „damischen Rundfunk“ (178) kann nur mehr vertrocknete Spuren aufwühlen, ehe dann alle Identitätsprobleme in einem Müllkübel enden.

Albert Ennemoser geht in seinen letalen Geschichten immer Fragen nach dem Wesen der Kunst, der Authentizität der Künstler und der Aufmerksamkeit des Publikums nach. Alles kann ein Scheingefecht sein, bei dem sich alle über den Tisch ziehen lassen. Im Krimi der anderen Art merkst du gar nicht, dass du ein Fall geworden bist. Und die große Aufklärung bringt immer der Tod, indem er die armen Figuren erlöst.

Albert Ennemoser, Dreimal tot. Drei Krimis der anderen Art, [Der Wohltäter / Der Kater / Der Fund]
Innsbruck: TAK Verlag 2018, 270 Seiten, 18,00 €, ISBN 978-3-900888-70-1

 

Weiterführende Links:
TAK Verlag: Albert Ennemoser, Dreimal tot
Homepage: Albert Ennemoser

 

Helmuth Schönauer, 01-09-2018

Bibliographie

AutorIn

Albert Ennemoser

Buchtitel

Dreimal tot. Drei Krimis der anderen Art

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

TAK Verlag

Seitenzahl

270

Preis in EUR

18,00

ISBN

978-3-900888-70-1

Kurzbiographie AutorIn

Albert Ennemoser, geb. 1948 in Inzing, lebt in Telfs.