Bernhard C. Bünker, Wos ibableibt

bernhard bünker, wos ibableibtDie österreichischen Literaturhäuser sind ja seinerzeit unter staatlicher Aufsicht eingerichtet worden, um die wilde Literatur zu zähmen, das Samisdat-Unwesen zu unterbinden und die Ideen der Dichter in Vitrinen-große Happen aufzuschnetzeln.

Wenn nun der Nachlass des Konsum-abtrünnigen Bernhard C. Bünker ins Klagenfurter Musil-Archiv gekommen ist, ist für die Zeitgenossen Feuer am Dach. In ein paar Jahren wird er vollkommen vergessen und abgesperrt sein. Und wenn ein paar germanistische Happen aus dem Archiv-Fenster geworfen werden, dann als Demütigung für die wenigen Leser, die noch nicht dem globalisierten Literaturspektakel unterworfen sind.

Aus diesem Grund haben seine besten Freunde Manfred Chobot und Axel Karner noch schnell den Sammelband „Wos ibableibt“ herausgebracht, damit das Feuer des im Archiv Eingeschlossenen sichtbar flackern bleibt.

Axel Karner berichtet von der Kraft der österreichischen Dialektliteratur und insbesondere jener von Bernhard Bünker. Die regionalen Dialekte sind dazumal höchstens bei heimat-tümelnden Feiern oder für den Tourismus verwendet worden. Bernhard Bünker hat seine Klarheit und Radikalität aus dem Dialekt gewonnen, auch als er nach Wien gegangen ist und seine Wurzeln endgültig aus der Kärntner Erde gerissen hat.

Manfred Chobot weist vor allem auf die Spätzeit des Autors hin, als er mit Kärnten endgültig gebrochen hat und im Waldviertel als Fischereiaufseher das Fliegenfischen zur Perfektion entwickelt hat. Die Parallele zwischen Fliegenfischen und Dialektdichten erscheint nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Im Prinzip setzen beide Künste bodenständiges Wissen voraus. Die Zeit des Dialektgedichts war dann wohl vorbei, nicht nur, weil Medien und Rundfunk kaum mehr darüber berichtet haben.

Die Texte sind in Abschnitte gegliedert, die einerseits den edierten Gedichtbänden entsprechen, andererseits eine Schwerpunkt-Zeile aus dem Werk hervorheben. So geht es dann immer auch um die Heimat, zumal sich Bünker dezidiert als Heimatdichter bezeichnet hat. Da werden schon Devotionalien der Heimat zusammengetragen und in einer Schütte angeboten: „Greifts alle zua!“

Einer steigt aus und zieht sich ins Gebirge auf eine Hütte zurück. Kaum angekommen, bauen sie ihm einen Schilift vor die Tür, sodass er wahnsinnig wird.

Ein feines Gehör entwickelt der Autor gegenüber braunen Schattierungen, die nicht nur bei tiefem Sonnenstand weit ins Land hineinreichen. Einmal wechselt er die Bank, weil ein ehemaliger Nazi ebenfalls Kunde dieser Bank war. Allein das kärntnerische „Komorodschoftsbund“ ist eine Laut-Ansammlung, die eine ansonsten weiche Sprache in spitze Zähne eines Sägeblattes verwandelt.

In den Blues-Gedichten bricht dieses Weiche erbarmungslos hervor. Herzzerreißend wird „meine slowenische Freundin“ besungen, der Himmel selbst ist zerknittert und grau wie altes Papier. Im November ist jeder Tag ein Blues, schon in der Früh lehnt am Gartenzaun blass eine Wolke. Das Schnaufen wird dünner, die Sonne schmaler, das Sterben liegt in der Luft. Und plötzlich ist sie da, die pure Angst.

Nitamol / a schoafes Kuchlmessa / weama hobn / wonn de Ongst / auf de Tia / und de Scheibn klockt (240)

Als zeitgenössischer Leser wird man noch einmal erweckt und in diesen Kampfmodus versetzt, als sich in jedem Bundesland ein paar Wortkämpfer um den Dialekt gekümmert haben. Viele, wie in Tirol etwa Hans Haid, wurden zu Lebzeiten verachtet. Jetzt, da die Sache mit dem Dialekt wohl eine längere Pause macht, erinnert man sich mit wohligem Schaudern an diese kräftige Lyrik, die einem auch heute noch durch Mark und Bein geht.

In der Literatur geht niemand verloren, heißt es so beruhigend, das gilt auch für Bernhard Bünker, dem man wünscht, dass er eines Tages von einem Lesekommando befreit wird aus der Archiv-Haft im Musil-Museum.

Bernhard C. Bünker, Wos ibableibt. Dialektgedichte. Herausgegeben und mit Begleittexten von Manfred Chobot und Axel Karner
Klagenfurt: Heyn Verlag 2018, 249 Seiten, 24,90 €, ISBN 978-3-7084-0620-6

 

Weiterführende Links:
Heyn Verlag: Bernhard C. Bünker, Wos ibableibt
Wikipedia: Bernhard C. Bünker

 

Helmuth Schönauer, 18-10-2018

Bibliographie

AutorIn

Bernhard C. Bünker

Buchtitel

Wos ibableibt. Dialektgedichte

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

Heyn Verlag

Seitenzahl

249

Preis in EUR

24,90

ISBN

978-3-7084-0620-6

Kurzbiographie AutorIn

Bernhard C. Bünker, geb. 1948 in Leoben, starb 2010 in Rastenfeld.