Projektvorstellung: Post für den Kindergarten
„Lesen und Schreiben lernen – WOZU?“ Eine zentrale Frage in der Schuleingangsphase für so manches Schulkind, das den Sinn des Schrift-Spracherwerbs sucht und vielleicht die Zeit im Kindergarten herbeisehnt.
Bevor ich heuer wieder mit einer 1. Klasse startete, machte ich mir genau über diese Frage Gedanken. WIE kann ich den SchulanfängerInnen den Zugang zur Schrift und Sprache schmackhaft machen? WIE gelingt es mir, ihnen zu zeigen, dass es Sinn macht, Lesen und Schreiben zu lernen? Mein erster Gedanke führte mich in den Kindergarten. Unsere SchulanfängerInnen ließen dort einiges zurück: Vertrautheit, Freunde, Bezugspersonen, Beziehungen, schöne Erinnerungen, …
Warum also nicht an diesen Ort anknüpfen? Sozusagen eine Brücke bauen, die wir im Laufe des ersten Schuljahres immer wieder überqueren um Kontakte zu pflegen. All das sollte in Verbindung mit der neu Erworbenen Fähigkeit des Lesens und Schreibens passieren.
So kam es, dass wir bereits in der 2. Schulwoche begannen, Briefe für den Kindergarten zu schreiben. Dazu benötigten die meisten Kinder natürlich noch Hilfe und die bekamen sie von den „Großen“ aus der 4. Klasse. Zu erwähnen ist, dass an unserer Schule alle SchulanfängerInnen einen sogenannten „Schutzengel“ aus der 4. Klasse haben. Gemeinsam werden im Laufe des Schuljahres immer wieder verschiedene Projekte durchgeführt.
Das Werkzeug:
Ein selbstgebastelter Briefkasten, viel buntes Briefpapier, Sticker und Kuverts, sowie unterschiedliche Stifte.
Die Schulanfänger überlegten sich, an wen sie ihren Brief schreiben wollten und die Viertklässler unterstützten sie dabei. Dieser Vormittag war ungemein bereichernd für alle Beteiligten. Auf die Fragen am Ende des Schultages: „Was hast du heute gelernt? Was war neu für dich?“ Berichteten die Erstklässler folgendes:
„Ich habe Schreiben und Lesen gelernt.“
„Es gibt verschiedene Schriften.“
„Schreiben macht Spaß!“
„Mein Schutzengel kann schon gut lesen und schreiben!“
„Auf das Kuvert schreibt man, für wen der Brief ist.“
Für "Post für den Kindergarten" braucht es nicht viel: Briefpapier, Sticker
und Kuverts, sowie unterschiedliche Stifte.
Gemeinsam brachten wir alle Briefe in unserem Briefkasten in den Kindergarten, wo uns die Kindergartenkinder schon freudig erwarteten. Dort waren die SchulanfängerInnen jetzt die „Großen“ und berichteten voll Stolz, dass sie schon Briefe schreiben können.
Nach ein paar Wochen kündigte sich bei uns Besuch aus dem Kindergarten an. Voll Vorfreude nahmen die Kinder den Briefkasten wieder entgegen, der bis oben hin mit Antworten und schön verzierten Karten gefüllt war.
Gemeinsam mit den Schutzengeln wurden die Briefe verteilt. Jeder selbst gelesene Buchstabe und jedes entzifferte Wort erfüllte die Kinder mit Stolz!
Darauffolgend gab es Weihnachtskarten und Wünsche für das neue Jahr. Zum Glück ist der Kindergarten gleich um die Ecke und wir können unsere Briefe selbst zustellen – sonst hätte der Briefträger alle Hände voll zu tun!
Kathrin Witschnig (Klasse 1A, Volksschule Niederau/Wildschönau), 14-02-2022
Fotos: Kathrin Witschnig
bearbeitet: Andreas Markt-Huter, 21-02-2022
Dipl. Päd. Kathrin Witschnig unterrichtet an der Volksschule Niederau