Susanne Gurschler, Panorama der „Schlacht am Bergisel

Buch-Cover

Manchmal kann ein einzelnes Gebäude, ein skurriler Mythos oder ein verrücktes Kunstwerk das Wesen eines Landes mit einem einzigen Wink vollkommen darstellen. Im Panorama von der Dritten Bergisel-Schlacht ist alles davon vorhanden.

Susanne Gurschler widmet sich mit journalistischer Eleganz diesem magischen Stück Leinwand, aufgespannt zwischen Provinzposse und Weltkulturerbe. Dabei gliedert sie die Story in sauber abgegrenzte Kapitel, die oft mit augenzwinkernden Überschriften versehen sind. "Die perfekte Illusion", "die Resonanz und die Pleite" (36), "Das Land schießt scharf, klare Fronten und die Winkelzüge der Politik" (143).

Zuerst wird das Wesen der Panorama-Kunst erklärt, "klare Zuordnungen, wer was gemalt hat, spielen dabei keine Rolle". (36) Dennoch ist es gerade ein bayrischer Maler, Michael Zeno Diemer, der das Innsbrucker Patrioten-Panorama als Parallelaktion zu einer Schlacht bei Sedan entwirft und in Rekordzeit im Jahre 1896 abliefert. Dass er bei der Entlohnung von einem Innsbrucker Geschäftsmann gelegt wird, zeugt von hoher Ehrlichkeit, die oft hinter solchen patriotischen Aktionen steckt.

In der Folge wird das Schicksal des Innsbrucker Panoramas in der Holzrotunde, auf Wanderschaft und in der Mauerrotunde dargestellt. Nach grandiosen Besucherrekorden schwindet weltweit das Interesse an Panoramen, ehe es in den 1980er Jahren vielleicht durch die Dinosaurier-Welle wieder ein Kunst-nostalgisches Revival erfährt.

Ständig schwebt der Andreas-Hofer-Mythos über der Schlachtdarstellung, und zum finalen Schlag kommt es schließlich, als für das Gedenkjahr 2009 auf dem Bergisel ein Museum mit allen Schikanen gebaut werden soll. Kern dieses im Volksmund "Stalineum" genannten Gebildes soll das Panorama werden. Mit geradezu abenteuerlichen Argumentationen, etwa es handle sich bei der Bergisel-Schlacht um ein fahrendes Gewerbe, wird schließlich der Denkmalschutz gegen internationale Gutachten gesprengt und das Panorama im neuen Gebäude am Bergisel eingehängt.

Hier endet vorläufig die Story, die mit ausführlichem Fotomaterial, Detailschilderungen des Kunstwerkes und einer korrekten Bibliographie abgeschlossen wird.

Susanne Gurschler erzählt aufschlussreich, was alles hinter einem Mythos verborgen liegt. So ist beispielsweise der Andreas-Hofer-Kult im industrialisierten England entstanden und wurde erst spät von Tirol übernommen. Alle Gedächtnisfeiern sind quasi eine provinzielle Antwort auf das Weltgeschehen, die Schlacht am Bergisel war eine minimale Erscheinung an der Nebenfront, erst das Panorama hat daraus ein Kultur-Ereignis von Weltformat gemacht.

Die Zukunft des Panoramas hätte auch anders verlaufen können, indem man die etablierte Rotunde restauriert hätte. Aber es scheint eben der Fluch der "Schlacht am Bergisel" zu sein, ständig vor kleinkarierten patriotischen Alltagskram gespannt zu werden. - Eine aufregende Darstellung von Mythenbildung, Hoferei und Provinzkultur!

Susanne Gurschler, Panorama der "Schlacht am Bergisel". Die Geschichte des Innsbrucker Riesenrundgemäldes. Fotos
Innsbruck: Studien Verlag 2011, 176 Seiten, 24,90 €, ISBN 978-3-7065-5042-0

 

Weiterführende Links:
Studienverlag: Susanne Gurschler, Panorama der "Schlacht am Bergisel"

 

Helmuth Schönauer, 28-09-2011

 

 

Bibliographie

AutorIn

Susanne Gurschler

Buchtitel

Panorama der "Schlacht am Bergisel". Die Geschichte des Innsbrucker Riesenrundgemäldes

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Studien Verlag

Seitenzahl

176

Preis in EUR

24,90

ISBN

978-3-7065-5042-0

Kurzbiographie AutorIn

Susanne Gurschler ist Journalistin in Innsbruck.