Frank Wilczek, Fundamentals. Die zehn Prinzipien der modernen Physik
„Dieses Buch handelt von den fundamentalen Erkenntnissen, die wir beim Studium der Natur gewinnen können. Ich habe viele Menschen kennengelernt, die unbedingt wissen wollen, was die moderne Physik darüber sagt. Es sind Juristen, Ärzte, Künstler, Studenten, Lehrer, Eltern oder einfach wissbegierige Leute. Sie sind intelligent, haben aber kaum einschlägige Kenntnisse. Ich habe im Folgenden versucht, die zentralen Botschaften der modernen Physik so einfach wie möglich darzustellen, ohne es an Genauigkeit fehlen zu lassen.“ (S. 9)
Frank Wilczek formuliert in zehn Leitsätzen die zentralen Erkenntnisse der Wissenschaft über die Grundlagen des Universums. Jeder Gegenstand der Untersuchung wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und mit einem spannenden Ausblick auf der Grundlage von faktenbasierenden Vermutungen abgeschlossen, die zeigen sollen, dass unser Verständnis der Natur anwächst und sich stetig verändert.
In zwei übergeordneten Kapiteln werden jeweils fünf zentrale Leitsätze der modernen Physik vorgestellt, die für eine wissenschaftliche Erklärung unseres Universums grundlegend sind. Im Kapitel „I. Was es gibt“ steht zunächst der 1. Leitsatz „Es gibt viel Raum“ im Mittelpunkt, wobei sowohl die Betrachtung des Raums im Universum als des Raums im atomaren Bereich anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse großer Physiker von der Antike bis in die Gegenwart, thematisiert werden. Der 2. Leitsatz „Es gibt viel Zeit“ beschäftigt sich mit dem schwer fassbaren Phänomen der Zeit, die als kosmische Zeit definiert wird. Nicht weniger wichtig wie die Definition erweist sich für die Physik die Zeitmessung selbst.
Als 3. Leitsatz wird die wissenschaftliche Erkenntnis formuliert: „Es gibt nur wenige Bausteine“, die besagt, dass alles aus einer überschaubaren Zahl an elementaren Grundbausteinen besteht, die jeweils in großer Zahl vorhanden sind. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich diese Elementarteilchen in wesentlichen Punkten von den Gegenständen unserer Alltagserfahrungen unterscheiden, was im Abschnitt detailliert aufgezeigt wird.
Im 4. Leitsatz „Es gibt nur wenige Gesetze“ wird zunächst auf das Wesen physikalischer Gesetze eingegangen, von denen es nur wenige gibt, die aber immer und überall gelten. Erklärt werden dabei Quantenfelder, die Quantenelektrodynamik, die Quantenchromodynamik, die Schwerkraft und die schwache Kraft als zentrale Kräfte der Physik. Der 5. Leitsatz „Es gibt viel Materie und Energie“ zeigt, dass im Universum ein Überfluss an Materie und Energie vorhanden ist, wobei auch die Rolle der Sonne für die gegenwärtige und zukünftige Energieversorgung unserer Erde thematisiert wird.
Das zweite Kapitel „Anfänge und Enden“, das aufzuzeigen versucht, wie es zur Entstehung des Universums gekommen ist, beginnt mit dem 6. Leitsatz „Die Geschichte des Kosmos ist ein offenes Buch“ und beschäftigt sich mit den Anfängen seit dem Urknall und der Geschichte seiner wissenschaftlichen Erforschung.
Im 7. Leitsatz „Komplexität entsteht“ wird gezeigt, wie sich aus wenigen Bausteinen und Gesetzen die komplexen Erscheinungen unsere Welt entwickeln konnten. Leitsatz 8 „Es gibt noch viel mehr zu sehen“ beschäftigen sich mit den Grenzen unserer sinnlichen Wahrnehmung, und dass sich die physische Welt mit technischen Hilfsmitteln weit darüber hinaus darstellen lässt. So lassen sich die Grenzen des sichtbaren Universums z.B. mit Hilfe von Teleskopen ebenso verschieben, wie die Grenzen der kleinsten sichtbaren Teilchen beispielsweise durch Mikroskope.
Leitsatz 9 „Rätsel bleiben“ stellt einige interessante und zentrale Fragen der Naturwissenschaft vor, die es noch zu klären gilt, wie z.B. Was hat den Urknall ausgelöst? Gibt es Muster i der Verteilung der Elementarteilchen und der Entfaltung der Fundamentalkräfte? und wie geht der Geist konkret aus der Materie hervor? Als zentrales Thema zu diesen Fragen wird die Idee der Zeitumkehr vorgestellt und der Frage nach der dunklen Materie und dunklen Energie nachgegangen.
Der abschließende 10. Leitsatz „Komplementarität erweitert den Horizont“ geht vor allem der Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Forschung und dem Phänomen der Komplementarität nach, wonach ein und derselbe Gegenstand aus unterschiedlichen Perspektiven scheinbar widersprüchliche Eigenschaften haben kann. Diese scheinbaren Widersprüchlichkeiten werden als Teil der Natur des Menschen verstanden, die eine Grundlage für weitere Fortschritte in der Wissenschaft darstellen. In einem abschließenden Nachwort ordnet Wilczek die wissenschaftlichen Erkenntnisse in das Alltagsleben und Zusammenleben der Menschen ein.
Frank Wilczek gelingt es in seinem Sachbuch über die Fundamente der modernen Physik eine weit über die Alltagserfahrung von Menschen hinausreichende Welt der Physik ebenso spannend wie verständlich auch physikalisch weniger informierten Leserinnen und Lesern zu vermitteln. Die anschaulichen Erklärungen und die darin eingebettete historische Entwicklung der Wissenschaft überzeugen dabei ebenso, wie die klare Struktur der Darstellung.
Ein überaus lesenswertes und empfehlenswertes Sachbuch eines renommierten Fachmanns für alle, die sich für die Grundlagen und Entstehung unseres Universums interessieren.
Als zentrale Botschaft seines Buches versucht Wilczek aufzuzeigen, dass es der Wissenschaft bisher gelungen ist, zahlreiche Aspekte der Natur gut zu verstehen und erklären zu können. Mit Hilfe von Forschung und Experimenten ist es gelungen die Grenzen unseres Verständnisses immer weiter hinauszuschieben und auch in Zukunft zu erweitern.
Frank Wilczek, Fundamentals. Die zehn Prinzipien der modernen Physik, übers. v. Jens Hagestedt [Orig. Titel: Fundamentals. Ten Keys to Reality]
München: C.H. Beck Verlag 2021, 255 Seiten, 24,70 €, ISBN 978-3-406-77551-2
Weiterführende Links:
C.H. Beck Verlag: Frank Wilczek, Fundamentals. Die zehn Prinzipien der modernen Physik
Wikipedia: Frank Wilczek
Andreas Markt-Huter, 05-07-2022