Charlotte Schubert, Der Tod der Tribune
Das Leben des Brüderpaares Tiberius und Caius Gracchus war kurz, ihr Nachleben lang. Obwohl von Geburt, Herkommen und Erziehung für eine großartige Karriere bestimmt, fanden sie beide einen frühen und tragischen Tod. Ihr Schicksal bedeutete den Anfang vom Ende der römischen Republik. Wie ihre Politik, ihre großen Reformvorhaben und ihr früher Tod zusammenhängen, ist das Thema dieses Buches.
Das Geschichtsbuch „Der Tod der Tribune“ setzt sich mit der Politik der beiden Brüder Tiberius und Caius Gracchus in Rom gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. auseinander, einer Umbruchszeit, die den Anfang vom Ende der römischen Republik einleiten soll und an deren Anfang der Mord an den beiden Volkstribunen steht.
Mit detektivischer Akribie geht Charlotte Schubert den wenigen und meist parteiischen Quellen zum Leben, Agitieren und Sterben der beiden berühmten Volkstribune der römischen Republik Tiberius und seinem um neun Jahre jüngeren Bruder Caius Gracchus nach. Zunächst steht der ältere Bruder Tiberius Gracchus im Mittelpunkt, der als Volkstribun versucht hat, eine von der philosophischen Gedankenwelt der Stoa beeinflusste Bodenreform in Gang zu setzen, die dem einfachen römischen Volk zu Gute kommen sollte.
Zunächst werden dazu die Familien- und Verwandtschaftsverhältnisse durchleuchtet, die in Rom für eine einflussreiche politische Karriere von zentraler Bedeutung waren sowie das Verhältnis des Tiberius zum Kriegshelden Scipio Aemilianus, das sich vom Schützling zum erbitterten Gegner entwickelt hat. In weitere Folge wird der Einfluss der stoischen Philosophie auf das Denken mancher römischer Politiker aufgezeigt, die sich auf die Politik des Tiberius als Volkstribun ausgewirkt und seine angestrebte Bodenreform zugunsten notleidender Bauern bestärkt hat. Für die Gründe der Ermordung des Tiberius werden verschiedene Theorien vorgestellt.
Zehn Jahre später ereilt Caius Gracchus ein ähnliches Schicksal, als dieser das politische Erbe seines Bruders antritt. Schubert zeigt auf, dass Caius in seinem politischen Eintreten für das einfache römische Volk noch radikaler auftrat als sein älterer Bruder und auf eine Reform der republikanischen Regierungsform hinzielte. Mit dem geplanten verstärkten Einfluss der Volksversammlungen auf richterliche und politische Entscheidungen und der Ausdehnung des Wahlrechts auf die Latiner und Italiker, drohte die Macht und der Einfluss des Senats beträchtlich vermindert zu werden, was die Gegner des Caius auf den Plan gerufen hat.
„Der Tod der Tribune“ entführt die Leserinnen und Leser in eine Zeit radikaler politischer Auseinandersetzungen um Macht und Einfluss. Es zeigt eine Welt im Umbruch, die durch zunehmende Macht und Reichtum soziale Veränderungen mit sich bringt, die zu politischen und sozialen Spannungen führen und alte Machtstrukturen in Frage stellen.
Mit viel Sachwissen und kritischer Distanz werden die Hintergründe für politisches Handeln und Machtverhältnisse analysiert und die vorhandenen Quellen kritisch auf ihren Aussagegehalt überprüft, um am Ende ein plausibles Bild der vergangenen Ereignisse zu zeichnen. Ein überaus lesenswertes Sachbuch zu einer Gesellschaft im Umbruch, die aus heutiger Sicht auf eigenwillige Weise vertraut wirkt.
Charlotte Schubert, Der Tod der Tribune. Leben und Sterben des Tiberius und Caius Gracchus, 15 Abbildungen und 6 Karten
München: C.H. Beck Verlag 2024, 303 Seiten, 32,90 €, ISBN 978-3-406-81372-6
Weiterführende Links:
C.H. Beck Verlag: Charlotte Schubert, Der Tod der Tribune
Wikipedia: Charlotte Schubert
Andreas Markt-Huter, 12-09-2024