Stanislav Struhar, Eine Suche nach Glück Roman

Buch-Cover

Im Schloss von Franz Kafka treten ab und zu zwei Trottel auf, die den Landvermesser in seiner Suche nach dem Glück im Schloss stören. An diese zwei Deppen muss man denken, wenn in Stanislav Struhars Roman zwei ausgerastete Männer aus dem Verlagswesen eine Frau belästigen, die gerade auf offener Straße geistig ein wertvolles Buch lektoriert.

An dieser Stelle wird es für den Ich-Erzähler Zeit, einzugreifen. Er rettet die Frau vor der Belästigung und bringt sich selbst ins Spiel, indem er sich zwei Finger bricht.

Der Erzähler geht nämlich selbst Tag und Nacht mit der Last unveröffentlichter Romane durch Wien, er ist einst aus Tschechien geflüchtet und hat letztlich in Österreich keinen Boden unter die Füße gekriegt. Wir kennen alle Lyriker, die eine innere Melodie durchs Leben tragen und deshalb nicht mit der Welt kommunizieren können. Ähnlich ergeht es dem Ich-Helden. Seine Texte interessieren niemanden, sein Schicksal ist allen egal und seine tschechische Muttersprache ist mittlerweile sinnlos geworden.

In Stanislav Struhars Roman geht es nur vordergründig um ein Migrantenschicksal im literarischen Ambiente, an der Herzwurzel geht es ums Glück. Gelingt es, Urbilder aus der Kindheit ins fortgeschrittene Leben einzubauen? Gibt es eine Entwicklung, die über zerbrochenes Geäst der Erinnerung hinweg wuchert? Und im alten Kafka-Duktus formuliert: Was wäre dann gewonnen, wenn man das Glück hätte?

Der Ich-Held stürzt sich nach vorsichtiger Annäherung in eine heftige Liebesbeziehung, wie es so schön im Klappentext heißt. Der Held wird nahezu auf jeder Seite in sich selbst zerrissen, äußerlich ereignet sich etwas Lapidares wie eine Wanderung durch irgend eine Location von Wien, innerlich jedoch sind die Gedanken melancholisch, schwer sickert das Blut der Verzehrung aus jeglichen Gefäßen wie mitten im Herzbeutel getroffen. Die tschechische Sprache wird dabei zu einem Singsang der Rettung, leicht, leise, fern, von der Gegenwart der EU angekrustet.

?Eine Suche nach Glück? ist letztlich eine Liebesgeschichte, die um die Liebenden herum mäandert in schmatzendem Gelände. Es geht um die Liebe, die Sprache, die Literatur. Wer sich auf diese Dinge einlässt, wird leicht schwermütig, aber es zahlt sich aus. Bei Stanislav Struhar gewinnt das Glück sogar die Oberhand, ein gutes Zeichen für die Welt.

Stanislav Struhar, Eine Suche nach Glück. Roman.
Klagenfurt: Kitab 2005. 127 Seiten. EUR 16,-. ISBN 3-902005-48-3

 

Helmuth Schönauer, 27-09-2005

Bibliographie

AutorIn

Stanislav Struhar

Buchtitel

Eine Suche nach Glück Roman

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

Kitab

Seitenzahl

127

Preis in EUR

EUR 16,-

ISBN

3-902005-48-3

Kurzbiographie AutorIn

Stanislav Struhar, geb. 1964 in Zlin (Südmähren), flüchtete 1988 nach Österreich, lebt in Wien.