C.H. Huber, Kurze Schnitte

Buch-Cover„Kurze Schnitte“ sind eher eine Erzählmethode als ein Buchtitel, man denkt sofort an Robert Altmanns „short cuts“, welche in der Filmkultur für Aufsehen sorgen, oder aber an die letzten Erzählungen Raymond Carvers, die 2002 auf deutsch ebenfalls mit dem Titel „Kurze Schnitte“ erschienen sind.

C. H. Huber hat in ihren 29 Anschnitten durchaus die ursprüngliche Bedeutung von „sort cut“ im Auge, nämlich ein Ziel ohne Umwege stracks zu erreichen. So mündet ein unauffälliger Liebesschub, der als zärtliche Hand im Schneckentempo auf die Protagonistin zu kriecht, mit einem lustpragmatischen Sturz auf die Couch.

Dieses Zueinanderstolpern aus heiterem Himmel, die Lust aufeinander zur unrechten Zeit, das Auseinanderdriften während spontaner Begegnungen kennzeichnen einen Großteil dieser Schnitte, die oft scharf und gach in den Lebensablauf der Figuren gesetzt sind.

Aber nicht nur die Figuren aus irdisch-gewöhnlichen Szenarien haben ganz schön zu tun, dass sie zurechtkommen, auch Bill Clinton stolpert an der entscheidenden Stelle über seinen eigenen Schwanz. (53).

Kurze Schnitte bedeuten bei C. H. Huber auch, aus der Materie der Weltlage das persönliche Schicksal herauszuschnipseln. Man kann sich dabei die Weltlage als aufgelegte Stoffbahn vorstellen, worin mit kurzen Schnitten die Ärmel nach Maß herausgeschnitten werden.

Dieses individuelle Maß ist manchmal auch Auslöser für Selbstironie, wenn etwa die leicht angealterten Körper der Protagonisten zur jugendlich gestrafften Begattung schreiten.

Erzähltechnisch gesehen zieht C. H. Huber oft mehrere Register gleichzeitig, so dass man als Leser manchmal over-browsed wird, wie man das in der Internetsprache nennt. Da kann auf einen Absatz mit heftigen Lyrikstößen eine Sequenz aus dem semantischen Trash von zufälligen Passanten folgen, die wohl kalkulierte Innengestaltung einer Person kann jäh durch eine glossenhafte Erklärung unterbrochen werden, die manchmal dem Leser nicht ganz traut.

Gewöhnungsbedürftig ist manchmal auch das Umschwappen von abgeschlossener Vergangenheit und aktueller Erlebnisgegenwart. Gerade die Heftigkeit der Liebe wird gezähmt, wenn sie in die Mitvergangenheit gesteckt wird.

Die wichtigste Botschaft dürfte freilich die Themenwahl an sich sein. Hier geht es ritsch-ratsch aufregend schnell zur Sache. Alltag, Kebab, Erkenntnis, Zimmer, Wasserklang lauten die Titel, die kurz und bündig wie Wunschkennzeichen über den Texten prangen.

C. H. Hubers kurze Schnitte sind so etwas wie vor gerissene Partikel aus Hochglanzmagazinen, aus denen der Leser seine persönliche Collage zusammenkleben kann, dicht oder weit, wie er es eben momentan braucht.

C.H. Huber: Kurze Schnitte.
Innsbruck: TAK 2005. 94 Seiten. EUR 16,-. ISBN 3-900888-43-4.

 

Helmuth Schönauer, 20-12-2005

Bibliographie

AutorIn

C.H. Huber

Buchtitel

Kurze Schnitte

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

TAK

Seitenzahl

94

Preis in EUR

EUR 16,-

ISBN

3-900888-43-4